Pension verpflichtet
Exzessive Pensionszusagen für Manager sorgen zunehmend für Kritik in der Öffentlichkeit. Der Aufsichtsrat des Pharmakonzerns Stada hat die Notbremse gezogen und den auf 35 Mill. Euro Barwert aufgetürmten Altersversorgungsanspruch von Vorstandschef Hartmut Retzlaff auf 24 Mill. Euro reduziert. Das dürfte das erste Mal sein, dass ein Unternehmen – zumindest öffentlichkeitswirksam – diesen Schritt geht, und eine Führungskraft freiwillig auf zugesagte Leistungen verzichtet.Stada gibt ein positives Signal nach außen, dass an Aufsichtsräten nicht alle Kritik abprallt. Aus der Gehälterdebatte wird das Unternehmen damit nicht entlassen, denn auch mit dem reduzierten Barwert dürfte der Stada-Chef an der Spitze der MDax-Konzerne bleiben – oder besser gesagt derjenigen Unternehmen des Nebenwerteindex, die ihre Vorstandsgehälter veröffentlichen. Axel Springer und Sixt zum Beispiel wollen dem Volk diese Angaben nicht zumuten.Dass Stada sich korrigiert hat, dürfte nicht allein den öffentlichen Buhrufen zu verdanken sein, sondern vor allem als Signal ins Unternehmen gedacht sein. Schließlich hatten Gewerkschaftsvertreter die stolzen Pensionsrückstellungen als Argument gegen die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche ins Feld geführt und die Pläne des Vorstands zum Scheitern gebracht. Dies zeigt, dass sich Konzerne, die allzu generöse Saläre gewähren, intern angreifbar machen – von der Demotivationswirkung ganz abgesehen.Die Pensionszusagen sind ein unrühmliches Kapitel in der Geschichte der Gehältertransparenz. Vor gut zehn Jahren trat das Gesetz zur individuellen Veröffentlichung der Vorstandsbezüge in Kraft, doch für vollen Durchblick sorgte diese Initiative nicht. Der deutsche Standardsetzer für Rechnungslegung war bemüht, die rechtlichen Vorgaben mit Bilanzierungsregeln zu konkretisieren. Vergleichbarkeit wurde auch damit nicht geschaffen. Der Ausweis des Barwertes, der erheblich von exogenen Parametern wie Zinssatz und Rentenanpassungen beeinflusst ist, brachte die umstrittenen Rückstellungssummen an Licht, doch die hohe Volatilität stiftete mehr Verwirrung als Erkenntnis. Es blieb allenfalls der diffuse Eindruck, dass es viel ist. Informiert kann man sich zum Beispiel kaum fühlen, wenn, wie im Fall Daimler, der Barwert des Ruhestandspakets für Vorstandschef Dieter Zetsche von 2012 auf 2013 von fast 40 Mill. Euro auf 30 Mill. Euro schrumpft.Einen neuen Anlauf zur Normierung hat die Regierungskommission Corporate Governance Kodex genommen, die in Standardtabellen die tatsächlich im Jahr gewährten und zugeflossenen Gehaltsbestandteile dargestellt sehen will. Für die Altersversorgung muss hier der jährliche Dienstzeitaufwand eingetragen werden, was den Blick weg von der schwankenden Rückstellungssumme lenkt und den Aspekt des Entlohnungs-Charakters der betrieblichen Altersversorgung hervorhebt. Damit sollte nun jedem vor Augen geführt werden, dass die Vorstandspension in der Regel ein wesentlicher Teil der Vergütung ist, der zum Hinschauen verpflichtet, und nicht bloß ein Obolus zu oft ohnehin stattlichen Jahresgehältern.Vom Beamtenrecht lassen sich inzwischen gottlob immer weniger Aufsichtsräte leiten. Zwar bleibt die betriebliche Altersversorgung für Vorstände im Trend, doch die meisten großen Konzerne garantieren nicht mehr die Pensionshöhe, sondern stattdessen Beiträge zur Altersversorgung. Dieser Schwenk ist vermutlich weniger einem sozialen Bewusstsein geschuldet als vielmehr der Notwendigkeit, die Risiken im Zaum zu halten. Angesichts zunehmender Wechsel in den Führungsriegen und steigender Lebenserwartung türmen sich die Kosten für die Rundum-sorglos-Pakete in den Konzernen auf. Aus dieser Bürde haben sich die Firmen immerhin befreit.Weniger komplex ist es mit dem Sinneswandel nicht geworden. Um die jährlichen Beiträge zum Ansparen des Ruhegeldes festzulegen, zieht manches Unternehmen nun zahlreiche teils ertragsabhängige Komponenten heran, so dass man sich schon wieder fragen muss, ob den Aufsichtsräten das mögliche Ausmaß der Zuwendung bewusst ist. Von der Performance abhängige Leistungsanreize sollten zudem ausreichend mit den üblichen lang- und kurzfristigen Bonusprogrammen abgedeckt sein. “Keep it simple”, sollte das Prinzip sein. Positives Beispiel RWE: für jedes Dienstjahr ein Versorgungsentgelt in Höhe von 15 % von Festgehalt und Tantieme, auf Wunsch auch gleich bar auf die Hand. Noch konsequenter wäre es, den Top-Managern ihre Alterssicherung selbst zu überlassen.——–Von Sabine WadewitzDie Pensionszusagen sind ein unrühmliches Kapitel in der Geschichte der Gehältertransparenz.——-