Platz da!
Notiert in Frankfurt
Platz da!
Von Lutz Knappmann
Zugegeben, das Zahlenspiel ist ein bisschen unfair, aber es illustriert die Herausforderung: Rund 3.000 Menschen formten vor fünfeinhalb Jahren eine lange Menschenkette am nordwestlichen Stadtrand von Frankfurt. Sie protestierten gegen Pläne, dort einen vollkommen neuen Stadtteil aus dem Boden zu stampfen, der bis an die Grenzen der Hochtaunus-Nachbargemeinden reichen sollte.
Zeitsprung in die Gegenwart: Um 6.700 Menschen ist die Bevölkerung der Mainmetropole allein im Jahr 2024 gewachsen. 776.843 Einwohner lebten Ende des abgelaufenen Jahres in Frankfurt – sie benötigen dafür nicht nur eine Meldebescheinigung, sondern vor allem eine Wohnung. Am besten noch bezahlbar. Und das ist in Hessens größter Metropole, wie in so vielen deutschen Großstädten, eine ziemliche Herausforderung.
Überhöhte Mieten, leerstehende Wohnungen
Die Lage auf Frankfurts Wohnungsmarkt ist derart prekär, dass das Wohnungsamt seit Jahresanfang in einem Pilotprojekt gezielt Inserate darauf überprüft, ob die aufgerufenen Mietpreise im gesetzlichen Rahmen liegen. Wenig überraschend wurden die städtischen Researcher schon in der ersten Stichprobe fündig: Bei mehr als 40% der untersuchten Inserate fanden sie Hinweise auf unzulässig hohe Mieten. Die Vermieter bekommen nun Post vom Amt – vorerst noch als freundlicher Hinweis auf den zulässigen Rahmen für Mieterhöhungen. Doch die Stadt verfügt durchaus über juristische Hebel, unangemessene Mieterhöhungen im Extremfall zu unterbinden.
Nur mit gesetzlichen Mitteln wird die Stadtverwaltung wohl auch ein zweites Phänomen in den Griff bekommen können, das den engen Wohnungsmarkt zusätzlich schwächt: Leerstand. Schätzungen zufolge stehen in Frankfurt rund 11.000 Wohnungen leer, viele davon wegen langwieriger Renovierungsarbeiten. Manche aber schlicht aus spekulativen Gründen. Gesetzgebungsprozesse und Gerichtsverfahren, die diesen Entwicklungen entgegenwirken, sind aufwendig und kosten Zeit.
Tropfen auf den heißen Stein
Kein Wunder, dass die Stadt ihre Planungen für einen neuen Stadtteil in den vergangenen Jahren weiter vorangetrieben hat. Denn nur zusätzlicher Wohnraum kann langfristig Engpässe im Immobilienmarkt mildern. Vergangene Woche nun haben Frankfurts Nachbargemeinden, vertreten durch die Regionalversammlung Südhessen, einer Erweiterung der Metropole zugestimmt. Die Planungen für einen nordwestlichen „Stadtteil der Quartiere“ können weitergehen. Wenn auch in etwas abgespecktem Umfang gegenüber den im vergangenen Jahrzehnt vorgestellten Überlegungen.
Östlich der A5 könnten rund 7.000 Wohnungen entstehen, zusätzlich Raum für mehrere Tausend Arbeitsplätze. Bloß: Schnell gehen wird auch das nicht. Rund 15 bis 20 Jahre veranschlagen die Beteiligten bis zur Fertigstellung des neuen Stadtteils. Wächst Frankfurt weiter so schnell wie 2024, wäre die Nordwest-Expansion allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.