Kommentar Adidas

Raus aus der "Yeezy"-Krise

Der Vorstandsvorsitzende Bjørn Gulden löst das Problem mit den Schuhen des Skandal-Rappers Kanye West schrittweise. So vermeidet Adidas eine Angriffsfläche.

Raus aus der "Yeezy"-Krise

Adidas

Raus aus
der Krise

Von Joachim Herr

So geht Krisenmanagement! Wie Bjørn Gulden das Problem mit den “Yeezy”-Schuhen Schritt für Schritt löst, ist ein Musterbeispiel fürs Training von Führungskräften. Neun Jahre lang hatte die Kooperation mit dem Rapper und Designer Kanye West (Ye) Adidas stattliche Umsätze und hohe Erträge eingebracht. Dann wurde der extravagante Partner angesichts seiner Hasstiraden und seines Antisemitismus untragbar für den Sportartikelkonzern. Im Herbst 2022 zog der Vorstandsvorsitzende Kasper Rorsted die Reißleine – ziemlich spät.

Seinem norwegischen Nachfolger Gulden hinterließ der Däne eine Reihe unerledigter Aufgaben. Darunter etliche Millionen Paar “Yeezy”-Sneaker im Umsatzwert von 1,2 Mrd. Euro. Gulden bereitete die Aktionäre auf den ersten Jahresverlust seit drei Jahrzehnten vor. Gleichzeitig machte er deutlich, wie ernst er das Thema mit Blick auf die Verantwortung des Unternehmens für die Gesellschaft nimmt. So schützt der Marketingprofi Adidas vor Kritik und Attacken in sozialen Medien. Rorsted hatte diese Effekte total unterschätzt, als er in der Corona-Pandemie erwogen hatte, Mietzahlungen für Läden aufzuschieben. Er provozierte damit Boykottaufrufe von Politikern gegen Adidas, auch wenn diese ohne messbare Folgen blieben.

Auf der sicheren Seite

Den Verkauf der “Yeezy”-Schuhe, für den sich Gulden dann entschieden hat, flankiert er mit der Zusage, einen signifikanten Betrag des Erlöses zu spenden – an Organisationen, die sich gegen Diskriminierung und Antisemitismus wenden. So ist Adidas auf moralischer und ethischer Ebene auf der sicheren Seite. Die Option, die Schuhe zu vernichten, war damit hinfällig. Es hätte eine Verschwendung von Ressourcen und Material bedeutet. Adidas vermied mit der Lösung auch die Angriffsfläche, Nachhaltigkeit nicht ernst zu nehmen. Ohnehin hatte sich schon vor dem Beschluss für die Kombination aus Verkauf und Spende eine sehr große Nachfrage nach den “Yeezy”-Schuhen abgezeichnet.

Den Käufern dieser teuren Produkte ist der Hintergrund mit dem Skandal-Rapper piepegal. Immerhin lässt sich mit dem Spendenanteil aus dem Erlös das Gewissen beruhigen, auch wenn ein Teil als Tantiemen an Kanye West fließt. Dass Adidas einer der Hauptsponsoren des Weltfußballverbands Fifa ist, der immer wieder mit Korruptionsskandalen konfrontiert wird, hat der Marke mit den drei Streifen übrigens ebenfalls noch nie geschadet.

Mustergültig ist auch das Erwartungsmanagement von Gulden. Als Puma-Chef gelang es ihm regelmäßig, die Prognosen zu übertreffen. Das zeigt er nun auch an der Spitze von Adidas.

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