Frankfurt

Reise durch die Schlagzeilen

Eine Deutschlandreise in der Ferienzeit erklärt etliche Schlagzeilen der Coronajahre: Es steht teils schlecht um die Straßen, aber es wird gebaut, E-Autos gibt es vor allem in der Stadt, und der Deutsche radelt gern im Campingurlaub.

Reise durch die Schlagzeilen

Wenn einer eine Reise tut . . . kann er viel erzählen. Oder weiß endlich etliche der Schlagzeilen der vergangenen Coronajahre einzuordnen. Viel hat man gelesen über Verhaltensänderungen, Kaufanreize und Mangelerscheinungen – zu­nächst bei Chips, dann bei Elektronikartikeln, gefolgt von allerlei Gefährten. Behalten wir das im Hinterkopf bei unserer Reise von sagen wir mal Garmisch – und nicht Partenkirchen – bis Flensburg.

Zugegeben, über mangelnde Infrastrukturinvestitionen und den schlechten Zustand so mancher Straße und maroden Bücke haben sich bereits mehrere Journalistengenerationen die Finger wund geschrieben. Und zu Recht, konstatiert der Urlauber im eigenen Land. Bei all den Geschwindigkeitsbegrenzungen wegen baufälliger Wege und Stege scheint die hitzige Diskussion über ein allgemeines Tempolimit auf den Autobahnen reichlich abstrus. Wer mit 60 km/h durch eine schier endlose währende Baustelle gezuckelt ist, wäre froh gewesen, die Strecke mit stolzen 130 km/h hinter sich bringen zu können. Andererseits muss man auch konstatieren, dass der Baustellenmarathon eines zeigt: Es mag zwar zu wenig, zu zögerlich und wohl auch nicht immer an der richtigen Stelle investiert worden sein. Aber ein wenig Geld fließt doch in den Straßenbau. Die Verspätungsanzeigen an den Bahnsteigen der Republik verheißen, dass auch das Schienennetz an der ein oder anderen Stelle wieder – wie dringend erforderlich – auf Vordermann gebracht wird. Geduld ist jedenfalls in beiderlei Fällen vonnöten.

Geduld braucht auch der stolze Besitzer eines E-Mobils, so er denn eines ergattern konnte. Über weite Strecken hat man den Eindruck, dass die Kaufanreize der Bundesregierung aka Umweltbonus und Innovationsprämie komplett ins Leere gelaufen sind. Wer meint, bei einem der klassischen Ratespielchen als derjenige reüssieren zu können, der als Schnellster zehn Vehikel mit einer bestimmten Eigenschaft entdeckt und sich dabei für das „E“ am Ende des Nummernschildes entschieden hat, hat das Nachsehen. Einzige Ausnahme: Großstädte. Dann sieht man sich plötzlich von elektrifizierten Flitzern in der Größenordnung „Muttis Zweitauto“ umzingelt. Über die weiteren Strecken am platten Land aber sind sie so gut wie unsichtbar. Einzig in der Kategorie „Familienkutsche“ rotten sie sich an Rastplätzen mit E-Ladesäulen zusammen. Planung und Geduld ist dabei alles, denn den Sprit für die Verbrenner gibt es im Gegensatz zum Strom quasi in jeder dritten Kurve.

Dabei kommt der Strom doch einfach aus der Steckdose. Möchte man meinen, wenn man von dem heftigen Widerstand gegen die Nord-Süd-Stromautobahn oder die hässlichen Windräder vor der eigenen Haustür hört. Klar, das sieht nicht schön aus, und so manch totes Tier am Boden um die Dreiflügler herum zeugt von der Gefährlichkeit für die Fauna. Selbiges gilt übrigens auch für großflächige Solarparks. Unschön anzusehen, versiegeln sie wertvolle Nutzfläche, womit dann auch die Natur unter dem Energiehunger leidet, der nun mal irgendwie gestillt werden muss. Solarmodule als Fahrbahnbelag, Autobahnüberdachung oder an bestehenden Lärmschutzwänden und Einhausungen – wie etwa an der A3 bei Aschaffenburg – klingen da charmant, sind aber teilweise noch nicht mal im Versuchsstadium.

Aber zurück zur E-Mobilität. Die funktioniert auch auf zwei Rädern. Oder auch nicht. Denn seit Beginn der Corona-Pandemie konnte in Fahrradläden oftmals bequem der Boden geputzt werden, da keinerlei Ware mehr vorrätig war – ob nun Bio-Bike oder E-Drahtesel. Die Autobahnfahrt zeigt, dass Räder nicht etwa ausgestorben sind. Man fühlt sich schon als Exot, wenn man nicht für jeden der Autoinsassen ein Zweirad auf dem Dachträger oder hinten drauf hat. Oder noch schlimmer: Gar keines mit sich führt. Oder zumindest einen Skisarg, gerne auch als halbe Portion. König der Deutschlandtournee aber ist, wer nicht nur genügend Zweiräder mit sich führt, sondern diese gar am Wohnmobil befestigen kann. Zweimal also Glück gehabt beim Mobilitätslotto. Denn die Massen der Reisemobile sind sichtlich frisch erworben. Die klassischen Wohnwagen sind nur in geringer Menge unterwegs – und fast ausschließlich älterer Bauart.