Revolution im Weinberg
Es gibt ihn in Pink, Türkis, Gelb oder Grün. Allerdings nur in der Miniaturausgabe, die fliegende Händler und Souvenirshops überall in Paris anbieten. Die französische Stadt ohne den Eiffelturm? Undenkbar. Mit seiner grafischen Silhouette wacht er über die Stadt, verzaubert Einheimische und Touristen nachts mit seinem Funkeln. Nun sorgen sie sich um den Zustand der „eisernen Dame“, wie der Eiffelturm in Frankreich auch genannt wird. „Wenn Gustave Eiffel den Ort heute besuchte, fiele er in Ohnmacht“, zitiert die Zeitschrift „Marianne“ einen namentlich nicht genannten Mitarbeiter der Betreibergesellschaft Sete.
Der Zustand des 1889 mitten in Paris eröffneten Bauwerks sei sehr besorgniserregend, berichtet das Magazin, das sich auf vertrauliche Berichte beruft. Mängel bei den Wartungsarbeiten hätten dazu geführt, dass der 330 Meter hohe Turm inzwischen von Rost angenagt sei. Das liege vor allem daran, dass die Farbe, die die Struktur eigentlich schützen sollte, seit langem einfach auf existierende Farbschichten aufgetragen werde. Untersuchungsberichte hätten ergeben, dass die Schutzfarbe deshalb abblättere und schneller brüchig werde. Das lasse auch die Struktur anfällig werden.
Um den Eiffelturm nach den Regeln der Kunst renovieren zu können, müsste die Farbe komplett abgetragen und neu aufgetragen werden. Dafür müsste er lange Zeit geschlossen werden, was erhebliche Einnahmeverluste zur Folge hätte. Die Betreibergesellschaft Sete hat bereits in dem von Lockdowns geprägten Covid-Jahr 2020 ein Defizit von 52 Mill. Euro hinnehmen müssen. Sie hatte zwei Jahre zuvor mit einer Renovierung begonnen, um die eiserne Dame für die Olympischen Spiele 2024 schön zu machen. Der neue Anstrich, der dafür gerade vorgenommen wird, kostet rund 60 Mill. Euro.
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Das bei Weinliebhabern ähnlich wie der Eiffelturm berühmte Weingut Cheval Blanc in Saint-Émilion kehrt in gewisser Weise zurück zu seinen Wurzeln. Das bekannte Château, das dem Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH Bernard Arnault und der belgischen Familie Frère gehört, hat gerade das elf Hektar große Nachbargut Château La Tour du Pin Figeac erworben. Bis zum 19. Jahrhundert gehörten beide Weingüter zum selben Pachthof, der Métairie Figeac. Dieser umfasste im 18. Jahrhundert zahlreiche andere bekannte Châteaux, die dann aber nach und nach verkauft wurden. Cheval Blanc hat bereits 2006 La Tour du Pin Figeac Moueix dazuerworben, ein Gut, das von La Tour Pin Figeac abgespalten worden war.
Auf den Parzellen der beiden dazuerworbenen Güter will Cheval Blanc nun hauptsächlich Weißwein anbauen. Eigentlich ist Saint-Émilion genau wie das gesamte Anbaugebiet Bordeaux vor allem für seine Rotweine bekannt, bis auf die Appellationen Graves, Entre-Deux-Mers und Sauternes. Seit einigen Jahren ist jedoch ein verstärktes Interesse von Konsumenten für Weißweine zu beobachten. Cheval Blanc, aber auch andere bekannte Weingüter in Bordeaux wie Château Lynch Bages oder Château Lagrange bauen inzwischen wieder (oder immer noch) auch etwas Weißwein an.
Während die Klassifizierung der Spitzengewächse des Médoc 1855 anlässlich der damaligen Weltausstellung in Paris erstellt und seitdem nur ein einziges Mal geändert wurde, wird die Klassifizierung der berühmten Weingüter aus Saint-Émilion regelmäßig, etwa alle zehn Jahre, überarbeitet. Zuletzt hat dies jedoch zahlreiche Rechtsstreitigkeiten ausgelöst. Unter anderem hatten die Weingüter Croque-Michotte, Corbin-Michotte und La Tour du Pin Figeac dagegen geklagt, weil sie es nicht in die begehrte Klassifizierung von 2012 geschafft hatten. Erst im März hat das Berufungsgericht Bordeaux geurteilt, dass die für die Klassifizierung zugrunde gelegten Kriterien Bestand hätten.
Eigentlich soll in ein paar Monaten die neue Klassifizierung der Weine aus Saint-Émilion veröffentlicht werden. Inzwischen haben jedoch mehrere der bekanntesten Güter wie Cheval Blanc, Ausone, Angélus und La Gaffélière angekündigt, dass sie nicht mehr dabei sein wollen. Eine Revolution, die die Klassifizierung in Frage stellt.