Riskante Wette auf schwachen Yen
Wahlergebnis
Riskante Wette auf schwachen Yen
Von Martin Fritz
Bedeutet ein schwacher Premierminister eine schwache Währung? Viele Profi-Anleger beantworteten diese Frage am Montag für Japan positiv. Nach der schweren Wahlschlappe von Regierungschef Shigeru Ishiba verkauften sie den Yen und kauften den Nikkei 225 und Topix. Ihre Logik erschließt sich nicht auf den ersten Blick, denn das Wahlergebnis bedeutet Unsicherheit und ist damit zweifellos negativ für den Aktienmarkt. Vielmehr spiegelt sich in dieser Reaktion wohl nur eine gewisse Erleichterung darüber wider, dass die bisherige Koalition zumindest vorerst an der Macht bleibt.
Dabei hat erstmals seit 2009 das Bündnis von LDP und Komeito seine Parlamentsmehrheit verloren, keine andere Partei will bisher dieser Koalition beitreten. Japan droht damit eine Periode politischer Instabilität. Das Überleben von Regierungschef Shigeru Ishiba, der das Amt erst zum Monatsanfang übernahm, ist keineswegs gesichert, weder kurz- noch mittelfristig. Auch die Tür zum Premierministeramt könnte sich nun wieder schneller drehen, so wie in der zweiten Hälfte der Nullerjahre, als der Regierungschef im Schnitt jährlich wechselte.
Der erneute Wertverfall des Yen hängt mit der Erwartung des Finanzmarktes zusammen, dass der geschwächte Regierungschef Ishiba weitere Zinssenkungen blockieren wird. Doch die Anleger sollten sich nicht täuschen: Japans Notenbank wird nicht von der Politik dirigiert. Ihr Gouverneur Kazuo Ueda ist ein Akademiker, der sich strikt vorgenommen hat, die ultralockere Geldpolitik seines Vorgängers zu normalisieren. Der nächste Zinsschritt wird kommen, egal ob Ishiba sein Amt behält oder nicht.
Für die Notenbank sind die Voraussetzungen für den nächsten Zinssschritt vorhanden: Die Inflationsrate liegt weiter über ihrem Ziel von 2%, die nächste Lohnrunde könnte üppig ausfallen. Die Senkung der Verbrauchssteuer auf Lebensmittel von 8% auf 5%, die von einem möglichen Koalitionspartner von Ishiba gefordert wird, dürfte den Konsum stützen und damit den Zyklus aus steigenden Preisen und Löhnen in Gang halten. Tendenziell wird der Yen eher aufwerten.