Versicherungsbranche

Rückversicherer zwischen Pandemie und Klimakrise

Die Pandemie und die zunehmenden Auswirkungen der Klimakrise schaffen ein generell raues Umfeld, in dem sich viele Rückversicherer allerdings noch ganz gut schlagen.

Rückversicherer zwischen Pandemie und Klimakrise

Von Antje Kullrich, Köln

Keine Meetings am Hotelpool, kein Cocktail-Empfang mit Blick auf die monströsen Luxusjachten im Hafen von Monte Carlo, kein Speeddating mit Geschäftspartnern aus aller Welt im Fünf-Sterne-Hotel neben dem Casino – das traditionelle Branchentreffen der Rückversicherer in Monaco findet im zweiten Jahr in Folge nicht an der Côte d’Azur, sondern nur virtuell statt. Preise und Konditionen für die Hauptrunde der Vertragserneuerungen zum Jahreswechsel müssen am Bildschirm vorbesprochen werden. Der angenehm temperierte Spätsommer am Mittelmeer fällt also aus, doch sonnige Zeiten erlebt die Branche derzeit ohnehin nicht.

Die Pandemie und die zunehmenden Auswirkungen der Klimakrise schaffen ein generell raues Umfeld, in dem sich viele Rückversicherer allerdings noch ganz gut schlagen. Eine stabile Verfassung in einer immer instabileren Umgebung attestiert die Ratingagentur A.M. Best in einem gerade veröffentlichten Bericht den Unternehmen.

Ordentlich verdient

Die vier größten Rückversicherer der Welt haben im ersten Halbjahr 2021 denn auch ganz ordentlich verdient. Die Schaden-Kosten-Quoten, die im Vergleichszeitraum des Vorjahres pandemiebedingt ausnahmslos über 100% lagen, sind wieder deutlich unter diese kritische Marke gerutscht. Die größten Ergebnissprünge wiesen die beiden Marktführer aus: Die Munich Re verdoppelte mit 1,7 Mrd. Euro ihr Nettoergebnis. Die Swiss Re, die am stärksten Covid-19-bezogene Schäden verzeichnet hatte und in den ersten sechs Monaten 2020 noch einen Milliardenverlust eingefahren hatte, kam jetzt wieder auf ein Konzernergebnis von rund 870 Mill. Euro.

Mittlerweile präsentiert sich die Lage schon wieder etwas eingetrübt: Seit den Halbjahresdaten haben weitere große Naturkatastrophen hohe Milliardenschäden verursacht, die die Gewinn-und-Verlust-Rechnungen der Rückversicherer in diesem Jahr signifikant belasten werden. Nach der Flutkatastrophe in Deutschland und den Überschwemmungen in China hat vor allem Hurrikan „Ida“ ein großes Loch in die Katastrophenbudgets der Branche gerissen.

Preise ziehen weiter an

Für die Preise in der Rückversicherung bedeutet das nach Einschätzung der Ratingagenturen eine Fortsetzung des Aufwärtstrends. Die vier großen Rückversicherer hätten alle in der Erneuerungsrunde Mitte des Jahres weitere Preiserhöhungen durchgesetzt, allerdings etwas moderater als im Frühjahr und zum Jahreswechsel, schreibt Moody’s. Nach dem extremen Hurrikan-Jahr 2017 hatte sich der Trend gedreht, und der jahrelange Preisverfall war gestoppt worden. Von einem harten Markt will Johannes Bender, Analyst bei S&P, jedoch noch nicht sprechen, da einfach noch genug Kapazitäten da seien, was den Druck zu höheren Preisen abmildere.

Ausreichend Kapazitäten

S&P äußert sich etwas kritischer als die Rating-Konkurrenz und hat für die Branche einen negativen Ausblick. Als wichtigsten Grund dafür führt Bender die Schwierigkeiten der Rückversicherer in den vergangenen Jahren an, ihre Kapitalkosten zu verdienen. Auch in diesem Jahr dürfte das ein Problem werden. Denn die Profitabilität hat sich zwar verbessert, doch auch das Kapital ist teurer geworden.

Doch auch S&P erkennt die gute Kapitalausstattung der Branche an. Sie bewegt sich auf hohem Niveau. Die Kapazitäten im weltweiten Rückversicherungsmarkt liegen bei geschätzt 650 Mrd. Dollar. Knapp 100 Mrd. Dollar davon entfallen auf den alternativen Markt, der derzeit leicht wächst.

Nach der halbwegs verdauten Pandemie wird angesichts der zunehmenden Frequenz extrem schadenträchtiger Naturkatastrophen die Klimakrise noch stärker in den Blickpunkt der Rückversicherer rücken. Nicht nur ihre eigenen Modelle wird die Branche hinterfragen müssen, sondern auch ihren Kunden verstärkt auf die Finger schauen.

Denn die Intensität der Anpassung an die Auswirkungen der Klimakrise – sie betrifft Aktiv- und Passivseite der Bilanz gleichermaßen –  dürfte sich in der Assekuranz erheblich unterscheiden. Klimakrise, Cyberrisiken und Digitalisierung bleiben sowohl für Rück- als auch für Erstversicherer die strategischen Mega­themen.

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