LeitartikelResilienz bei Schlüsseltechnologien

Scheitern auf ganzer Linie

Trotz milliardenschwerer Subventionsversprechen macht die Resilienz bei Schlüsseltechnologien wie Chips oder Batterien kaum Fortschritte. Innovation lebt eben nicht vom Fördertopf.

Scheitern auf ganzer Linie

Das Streben nach größtmöglicher Resilienz bei Schlüsseltechnologien hat hierzulande Milliarden mobilisiert. Vor allem Halbleiter und Batterietechnik, die für die Transformation der Automobilbranche als einer der wichtigsten Leitindustrien Deutschlands von besonderer Bedeutung sind, standen im Zentrum politischer Subventionsstrategien. Doch gerade hier ist die Zwischenbilanz ernüchternd.

Infolge der Krise bei der US-Branchenikone Intel liegt das geplante gigantische Halbleiterwerk in Magdeburg auf Eis, für das die Bundesregierung 10 Mrd. Euro an Subventionen zugesagt hatte. Northvolt, Europas größter Hoffnungsträger in der Batterieproduktion, der insgesamt rund 15 Mrd. Euro an Eigen- und Fremdkapital eingesammelt hat und zwischenzeitlich als Börsenkandidat gehandelt wurde, geriet unversehens zum Sanierungsfall. Produktionsprobleme und Lieferverzögerungen führten unter anderem zur Stornierung eines 2 Mrd. Euro schweren Auftrags von BMW.

Noch übt sich die Politik für die Zukunft der geplanten Batteriezellenfabrik im schleswig-holsteinischen Heide in Zweckoptimismus. Auch hier wurde eine knappe Milliarde an Fördermitteln und Garantien aufgerufen. Unterdessen nährt die Insolvenz einer Northvolt-Anlage in Schweden Zweifel an der Realisierung des Projekts. Just folgt die Hiobsbotschaft aus dem Saarland: Ein weiteres geplantes Chipwerk, bei dem der Automobilzulieferer ZF mit dem US-Unternehmen Wolfspeed kooperieren wollte, um Halbleiter für Leistungselektronik herzustellen, steht ebenfalls vor dem Aus.

Kümmerlicher Marktanteil

Aktuell beträgt Europas Anteil an der globalen Batteriezellenproduktion kümmerliche 3%. Die von der EU-Kommission ausgegebene Zielmarke von einem Viertel Ende des Jahrzehnts erscheint in kaum erreichbarer Ferne – zumal auch anderswo, wie in Italien, bei der Produktion die Reißleine gezogen wird. Bei der Halbleiterfertigung sieht es nicht besser aus. Die EU zielt hier auf 20% Marktanteil. Allein das TSMC-Werk in Dresden, dessen Bau immerhin schon begonnen hat, wird dafür nicht ausreichen.

E-Mobilitätswende stockt

Während die geplante Chipfabrik von Wolfspeed auch durch technische Probleme zum Fehlschlag gerät, ist aber nicht zuletzt die stockende Transformation der Autoindustrie verhängnisvoll für die hochtrabenden Pläne, vor allem bei Batterien. Eine durchgreifende E-Mobilitätswende ist nicht erkennbar. Stattdessen entwickelt sich der Absatz von E-Autos in Europa so schleppend, dass kein Raum für eine wachsende Batterienachfrage ist. Vielmehr sehen sich die Hersteller gezwungen, parallel zu Hybridfahrzeugen auch die Verbrennerproduktion hochzufahren, um nicht komplett am Kundenbedarf vorbeizuproduzieren. Eine noch immer unbefriedigende Leistungs- und Ladedauer und ungelöste Probleme in der Ladeinfrastruktur sowie hauptsächlich die hohen Preise für E-Autos gelten als Hemmschuhe.

Prinzip Hoffnung reicht nicht

Der lokale Ausbau von Schlüsseltechnologien, um politischen Resilienzzielen gerecht zu werden, wenn die darauf aufbauenden Wertschöpfungsketten nicht ansatzweise etabliert sind, ist offensichtlich ökonomisch ineffizient. Milliarden auf Batterie- und Halbleiterhersteller zu ergießen, einzig nach dem Prinzip Hoffnung, dass sich daraus dereinst eine prosperierende Branche entwickelt, ist mit Vernunft nicht zu vermitteln und wird auch nicht ausreichen, private Investoren, ohne die es nicht geht, bei der Stange zu halten.

Innovation entspringt nicht aus Fördertöpfen, wie die Digitalbranche hinreichend gezeigt hat. So benötigt die Produktion der hochleistungsfähigen KI-Chips von Nvidia bisher keine Subventionen, weil alle Entwicklungs- und Herstellungskosten an die Kunden weitergegeben werden können. Dies ist demzufolge auch mit möglichen Resilienzzielen der US-Regierung vereinbar, denn die Produktion wäre auch in den USA noch rentierlich, wenn sie komplett dorthin gelegt werden sollte. Auch der Bau von Rechenzentren – die wichtigste kritische Infrastruktur der KI-Revolution – trägt sich offensichtlich überall ohne Fördermittel. Die Hyperscaler Google Cloud und Microsoft haben milliardenschwere Investitionen in Deutschland angekündigt, ohne dafür die Hand aufzuhalten.

Schlüsseltechnologien

Krachend gescheitert

Trotz milliardenschwerer Subventionsversprechen macht die Resilienz bei Schlüsseltechnologien kaum Fortschritte. Innovation lebt eben nicht vom Fördertopf.

Von Heidi Rohde
BZ+
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