Tokio

Schuldenmakel am Kaiserhof

Die japanische Prinzessin Mako würde gerne heiraten – doch der Auserwählte hat vermeintlich Schulden. Die Hürden für die Ehe scheinen unüberwindbar.

Schuldenmakel am Kaiserhof

Man kann Prinzessin Mako nur bedauern. Vor bald vier Jahren gab das Kaiserliche Hofamt bekannt, dass die Nichte von Tenno Naruhito und ihr Freund Kei Komuro sich verloben wollten. Bei einer Pressekonferenz beschrieb Mako ihn als ihre „Sonne“, Kei nannte sie seinen „Mond“. Die Gleichaltrigen lernten sich beim Studium an der International Christian University kennen. Trotz aller Romantik kam die Verlobung jedoch bis heute nicht zustande. Der Hauptgrund ist eine ungeklärte finanzielle Angelegenheit: Der Ex-Verlobte von Komuros Mutter hatte ihr angeblich umgerechnet 30000 Euro geliehen, die sie ihm nie zurückgezahlt haben soll. Die Medien stellten die Mutter als kleinkriminelle Betrügerin dar. Der Vater hatte sich schon vor Jahren das Leben genommen. Also konnte der junge Mann kein akzeptabler Partner für eine Prinzessin sein. Das Absurde an dieser Logik: Wenn ein weibliches Mitglied der Tenno-Familie heiratet, verliert es den kaiserlichen Status und steigt für immer in die bürgerlichen Sphären hinab, so wie vor 16 Jahren die einzige Schwester des heutigen Kaisers.

Natürlich konnte die düpierte Prinzessin öffentlich nicht so argumentieren, sondern ging den japanischen Weg: Mako – die Mitglieder der Kaiserfamilie haben keinen Nachnamen – entschuldigte sich für ihre „Unreife“ und verschob die Hochzeit um zunächst zwei Jahre, damit Gras über die Geschichte wachsen konnte. Dazu betonte Makos Vater, Kronprinz Akishino, dass der Auserwählte seiner Tochter die Zweifel an seiner Eignung selbst aus der Welt räumen müsste. Darauf flüchtete der potenzielle Schwiegersohn vor den Medien nach New York, um Jura an der Fordham-Universität zu studieren. Am vergangenen Wochenende feierte er seinen Studienabschluss und will im Juli die Prüfung als Anwalt für New York ablegen. Damit wäre der inzwischen 29-Jährige eigentlich ein adäquater Partner für die Kaisernichte.

Nun nahm Komuro den Hochzeitsfaden wieder auf: Vor wenigen Wochen veröffentlichte er eine 28 (!) Seiten lange Erklärung, sprach von „Ehre“ und stellte die angebliche Kreditschuld seiner Mutter in Frage. Zugleich deutete sein Anwalt an, der junge Mann wolle die 30000 Euro zurückzahlen und das Problem auf diese Weise für immer aus der Welt schaffen.

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Aber so funktioniert Japan nicht. Seine Bewohner können nicht einmal ihr Girokonto überziehen, sondern müssen sich bei kurzfristigem Bedarf von dubiosen Konsumentenkreditgebern Geld zu knapp 20% Zinsen leihen. Private Schulden sind in Japan nur in Form von Hauskrediten gesellschaftlich akzeptabel.

Also bleibt der Makel des sozialen Underdogs auf der Familie Komuro haften, was wiederum dem öffentlichen Ansehen der Kaiserfamilie schaden würde. Das erklärt, warum Tenno Naruhito dem Paar eine neue, kaum zu überwindende Hürde in den Weg stellte. Vor der Vermählung müsste ein „Zustand entstehen, dem viele Menschen zustimmen und über den sie sich freuen“, sagte er im Februar. Damit machte er die Heirat seiner Nichte von der öffentlichen Meinung abhängig. Doch laut einer Umfrage betrachtet eine Mehrheit den Heiratskandidaten trotz des baldigen Anwaltsstatus weiter als „ungeeignet“ für die Prinzessin.

Mit seinem „Urteil“ im Liebesdrama verfolgt der Tenno wohl ein höheres Ziel. Nach jahrelanger Verzögerung berät seit April eine Expertenkommission über eine Reform der Monarchie, die Naruhito sehr am Herzen liegt. Außer seinem 14-jährigen Neffen Hisahito sind alle Familienmitglieder im Alter unter 40 Jahren weiblich, darunter seine 19-jährige Tochter Aiko. Würden diese sechs Frauen heiraten und den Hof verlassen, bliebe niemand übrig, um die höfischen Pflichten zu erfüllen. Auch die Existenz der Dynastie ist gefährdet: Bisher dürfen nur männliche Nachkommen der männlichen Erblinie auf den Chrysanthementhron. Die Experten sollen daher prüfen, ob und wie sich die Rolle der Frauen bei Hofe stärken lässt. Zum Beispiel, dass Prinzessinnen wie Mako trotz einer Heirat ihren Titel behalten. Dann würde ihr Ehemann in die Kaiserfamilie aufrücken – ein Grund mehr, warum seine Herkunft über jeden Zweifel erhaben sein muss.