Großbritannien hat die Offenlegungspflichten für Shortseller gelockert. Was mancherorts Schnappatmung auslöst, ist eigentlich eine gute Idee. Denn sie erfüllen eine wichtige Funktion. Leerverkäufer werden zwar gerne als Aasfresser geschmäht. Doch liegt dem die Vorstellung zugrunde, dass sie gesunde Unternehmen oder gar ganze Nationen in den Ruin treiben.

Das liegt an ihrer Vorgehensweise. Sie leihen sich Aktien oder Anleihen und verkaufen sie in der Hoffnung, sie vor dem Rückgabezeitpunkt billiger zurückkaufen zu können. Aktivistische Shortseller machen zudem öffentlich bekannt, warum sie für das jeweilige Wertpapier sinkende Kurse erwarten. All das führt zum Vorwurf, am Scheitern anderer verdienen zu wollen.

Tatsächlich sind sie die Gesundheitspolizei des Kapitalmarkts und stärken dessen Selbstreinigungskräfte. Denn Shortseller betreiben in der Regel eine Menge Research, bevor sie eine Position eingehen. Denn während ein gewöhnlicher Anleger maximal das von ihm investierte Geld verliert, gibt es für die Verluste von Leerverkäufern keine solche Obergrenze. Der Hedgefondsmanager David Einhorn hat für seine Wetten gegen Netflix und Tesla teuer bezahlt. Wie viele andere Marktteilnehmer wurde er von der Aufhebung der finanziellen Schwerkraft während der Pandemie überrascht.

Nun verebben die öffentlichen Subventionen, mit denen jahrelang alles und jeder gefördert wurde. Umso wichtiger ist die Tätigkeit der Leerverkäufer. In Großbritannien wurde bislang ab einer bestimmten Größe der Position offengelegt, wer dahintersteht. Das ist zwar interessant, aber nicht notwendig, um einen funktionierenden Markt zu gewährleisten. Deshalb veröffentlicht die Londoner Finanzaufsicht künftig nur noch anonymisierte aggregierte Daten. Das dürfte das Geschäft beleben.

Wenn man sie lässt, sorgen Leerverkäufer dafür, dass das Geld der Anleger dahin fließen kann, wo es den größten Nutzen bringt, statt in Zombieunternehmen oder marode Staatswesen. Sie können also gewinnbringend sein, auch für den Markt, nicht nur für Shortseller.