Stabile Infrastrukturanlagen gesucht
Im Blickfeld
Stabile Infrastrukturanlagen gesucht
Für Energieversorgung, Abfallentsorgung und Schulen stellen institutionelle Investoren immer mehr Eigen- und Fremdkapital
zur Verfügung. Unter den „Alternative Assets“ ist Infrastruktur inzwischen fast so beliebt wie Immobilien geworden.
Von Thomas List, Frankfurt
Von Thomas List, Frankfurt
Straßen, Schulen, Kraftwerke – deren Bereitstellung und Unterhalt galt klassisch als Domäne des Staates. Doch schon seit Jahren fließt in diese und viele andere Infrastruktureinrichtungen immer mehr privates Kapital. Die Mittel der öffentlichen Hand reichen immer weniger aus, um diese essenziellen Leistungen, ohne die eine Gesellschaft nicht funktionieren kann, zu finanzieren. „Infrastruktur galt vor 18 Jahren als ziemlich langweilige Assetklasse“, stellt Tom Maher, beim Assetmanager Patrizia für Infrastrukturinvestments verantwortlich, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung fest.
Herausforderungen bewältigen
Um weltweiten Herausforderungen wie Klimawandel und Pandemien wirksam zu begegnen, spielt eine breiter gefasste Infrastruktur eine zentrale Rolle. Dabei geht es um Digitalisierung (Glasfasernetze), Windkraft- und Solaranlagen, Batteriespeicher bis hin zur Wasserstofferzeugung. „Das war früher Private Equity und gehört jetzt zu den Infrastrukturinvestments“, stellt Maher fest. „Dabei liegen die Renditen im Einklang mit den gesunkenen Risiken zwischen 8 und 15%, je nachdem.“
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Die Mittel werden entweder als Eigenkapital oder als Fremdkapital zur Verfügung gestellt. Beide Finanzierungsarten sind in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Nach der jüngsten, vom Bundesverband Alternative Investments (BAI) jährlich durchgeführten Investorenumfrage stellten 2024 rund 85% der antwortenden institutionellen Investoren dieser Assetklasse Eigenkapital zur Verfügung – nur ganz knapp hinter Immobilien. Und die Investoren wollten ihr Engagement noch weiter ausbauen.
Patrizia finanziert häufig Familienunternehmen
Ebendiese Eigenkapitalinvestitionen nimmt Maher für die Kunden von Patrizia vor. „Wir finanzieren über unsere Luxemburger Fonds Unternehmen bis 1 Mrd. Bilanzsumme, die sich häufig in Familienbesitz befinden.“ Der Assetmanager bietet Wachstumskapital, aber auch Beratung. „Wir haben schon vieles gemacht, von Flughäfen über gebührenpflichtige Straßen und Häfen bis zu Speichern und soziale Infrastruktur.“
Beispiele für Aktivitäten von Patrizia sind im Vorjahr die 40-prozentige Beteiligung am bis dato börsennotierten Abfallwirtschaftsunternehmen Greenthesis in Italien und der Aufbau von 400 Schnell-Ladestationen für Elektrofahrzeuge auf 200 Parkplätzen der deutschen Supermarktkette Tegut. Die dafür aufgewendeten 140 Mill. Euro kommen aus der von Patrizia aufgelegten „European Infrastructure Fund“-Serie.
100 Mill. Euro sind Standard
Pro Transaktion fließen zwischen 50 Mill. und 200 Mill. Euro, 100 Mill. Euro sind eine Standardgröße, so Maher. „Das können 40 bis 100% des Eigenkapitals sein.“ Der letzte Infrastrukturfonds von Patrizia hat insgesamt 500 Mill. Euro Eigenkapital investiert. Dazu kamen 600 Mill. Euro aus sogenannten Co-Investments, sodass der Fonds ein Volumen von 1,1 Mrd. Euro erreichte. Aktuell sammelt der Assetmanager Kapital für einen weiteren Fonds ein, der auf Gesamtinvestitionen von 1 bis 2 Mrd. Euro kommen soll.
Den Eigenkapitalanlagen stehen Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur in der Beliebtheit nur wenig nach. Fast die Hälfte der im Rahmen der genannten BAI Investor Survey 2024 befragten institutionellen Investoren waren 2024 hier engagiert. Zwei Jahre zuvor waren es erst etwa 37%.
Partner der großen Assetmanager
Patrizia investiert für seine Kunden über einen Luxemburger Fonds auch in Junior-Debt-Tranchen von Infrastrukturbeteiligungen. „Unser Fremdkapitalprogramm liegt im High-Yield-Bereich mit 400 bis 600 Basispunkten Marge und einem Total Return von 7 bis 10%.“ Der entsprechende Fonds befindet sich im Fundraising und soll 1 Mrd. Euro investieren. „Wir wollen etwa 15 Tickets schreiben.“ Beispiele sind Greenvolt (im Besitz von KKR), bei der über den „Patrizia Infrastructure Debt Fund II“ 85 Mill. Euro in eine 400-Millionen-Euro-Fazilität geflossen sind, und der britische Glasfasernetzbetreiber Hyperoptic (ebenfalls im Besitz von KKR).
Etwas andere Schwerpunkte setzt Golding Capital Partners aus München. 6,7 Mrd. der rund 15 Mrd. Euro Assets under Management entfallen auf Infrastruktur. Der Assetmanager bietet sowohl Multi-Manager-Fonds als eher stabile Geldanlage für Investoren, die nicht die Kapazität haben, selbst ein Infrastruktur-Portfolio aufzubauen, als auch renditestärkere Co-Investmentfonds.
„Wir investieren in die gesamte Breite dieser Assetklasse von Transport und Logistik über Energie und Versorgung bis zur digitalen und sozialen Infrastruktur“, sagt Thilo Tecklenburg, Partner & Co-Head des Infrastruktur-Investmentteams bei Golding. Schwerpunkte sind Europa und Nordamerika. Der aktuell im Vertrieb befindliche Multi-Manager-Fonds hat ein Zielvolumen von 700 Mill. Euro und investiert jeweils 50 Mill. Euro in Einzelfonds. Der 2023 aufgelegte Co-Investmentfonds soll bis spätestens Ende dieses Jahres 600 Mill. Euro erreichen bei einer durchschnittlichen Ticketgröße von 40 Mill. Euro. Als Netto-Zielrendite nennt Tecklenburg 8 bis 9% für den Multi-Manager-Fonds und 10 bis 11% für den Co-Investmentfonds.
Investments in die ganze Breite der Assetklasse
„Unsere Multi-Manager-Fonds laufen meist etwa 15 Jahre“, sagt Tecklenburg. „In den ersten drei Jahren werden die Einzelfondsanteile erworben, binnen circa sechs Jahren sind die Portfolios auf Asset-Ebene meist komplett. In der Regel halten wir Assets sechs bis sieben Jahre, dann beginnen die Verkäufe. Nach 12 bis 13 Jahren sind die letzten Assets verkauft. Die Verkaufserlöse fließen unmittelbar an die Investoren weiter.“ Ein früherer Ausstieg ist über den Sekundärmarkt möglich. „Das ist bei Co-Investmentfonds einfacher als bei Multi-Manager-Fonds.“ Käufer finden die Anleger nach Tecklenburgs Erfahrung entweder über ihr eigenes Netzwerk oder, gerade bei größeren Summen, über Placement Agents und Broker.
Soziale Infrastruktur wie Schulen, Krankenhäuser, Kitas sowie Pflege- und Seniorenheime zeichnen sich nach Tecklenburgs Beobachtung durch kleinere Ticketgrößen aus. „Es gibt nur wenige große Assets.“ Privates Kapital könne nur dort eingesetzt werden, wo dies gesellschaftlich auch erwünscht sei. „Mit vielen dieser Vorhaben lässt sich direkt Umsatz generieren, bei Schulen sieht das naturgemäß anders aus.“ Soziale Infrastrukturprojekte mit ausreichendem Volumen werden häufig im Rahmen von Public-Private Partnerships (PPP) durchgeführt. „Der private Investor ist für den Unterhalt und die Instandhaltung der Objekte nach Maßgabe der öffentlichen Hand verantwortlich. Dafür erhält er Verfügbarkeitsentgelte.“
Großer Investitionsstau
Bei öffentlichen Bildungseinrichtungen herrscht ein großer Investitionsstau, gerade bei der Instandhaltung und Modernisierung, aber auch im Neubau. „Wie können private und institutionelle Investoren gemeinsam mit der öffentlichen Hand einen positiven Beitrag zur Bildungs-Infrastruktur leisten?“, fragt Isabella Chacón Troidl, Vorsitzende der Geschäftsführung von BNP Paribas REIM Deutschland. Nach ihrer Beobachtung beschäftigen sich in Deutschland drei Spezialfonds mit dem Thema. Dazu kommen Luxemburger Vehikel.
„Wir haben in Deutschland mehrere Schulen in Prüfung.“ Einen Abschluss gebe es bisher aber noch nicht, wohl aber im europäischen Ausland, häufig über Forward Deals für Privatschulen. „Ein deutscher Spezialfonds verhandelt mit einem Projektentwickler, der den Bau einer Schule plant.“ Der Projektentwickler schließt einen langfristigen Mietvertrag mit der Kommune ab, die kein eigenes Geld investieren muss. „Der Projektentwickler bekommt das Geld endfällig oder baubegleitend vom Endinvestor über den Spezialfonds.“ Nach Chacón Troidls Erfahrung ist es für Kommunen wichtig zu wissen, wer diese Investoren sind. „Bei Spezialfonds sind das in aller Regel Versicherer, Pensionskassen und Versorgungswerke.“
Impact messen
Gerade bei solchen sozialen Investments ist die Wirkungsanalyse (Impact) besonders wichtig. „Bei Schulen reicht der Bedarf allein nicht aus. Es geht auch um Fragen wie: Wie kann die Schule für die Allgemeinheit geöffnet werden? Lassen sich dort eine öffentliche Bibliothek einrichten oder Sprachkurse anbieten?“ In Frankreich hat BNP Paribas REIM für ihren „Social Impact Fund“ ein eigenes Bewertungsschema entwickelt. „In Deutschland ist das ICG Institut für Social Governance unter Mitarbeit vieler Immobilienunternehmen dabei, ein solches Schema für die gesamte Branche zu entwickeln. Denn Vergleichbarkeit und Transparenz bei solchen Investments sind von zentraler Bedeutung.“
Sehr aktiv ist BNP Paribas REIM im Gesundheitsbereich. „Wir haben den ‚Healthcare Property Fund‘ mit knapp 1 Mrd. Euro Fondsvolumen, der in 80 Objekte investiert hat, darunter zwölf in Deutschland. Dazu gehören Krankenhäuser, Kliniken und Pflegeheime mit Langzeitpflege.“ Wichtig ist Chacón Troidl die Mehrfachnutzung von Immobilien. „Die Immobilie selbst muss zur 15-Minuten-Stadt werden. Konkret heißt das im Healthcare-Bereich: Ein gut funktionierendes Objekt besteht aus betreutem Wohnen, vorstationärer Pflege und einem Kindergarten.“ Denn mit einem Kindergarten wird der Standort attraktiver für Arbeitnehmende. „Das ist in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiger Wettbewerbsvorteil.“