Washington

Streit über Waffengesetze spaltet Amerikaner

Bei Amokläufen in New York und Texas sind 31 Menschen gestorben. Bemühungen, die Branche strikter zu regulieren, sind trotzdem zum Scheitern verurteilt. Das liegt auch am Obersten Gerichtshof.

Streit über Waffengesetze spaltet Amerikaner

Seit dem Massaker an einer Grundschule in Uvalde, Texas, bei dem 19 Schüler und zwei Lehrer gestorben sind, tobt in den USA wieder eine heftige Debatte darüber, ob der Kongress schärfere Waffengesetze verabschieden sollte. Obwohl die Demokraten sich vehement für striktere Kontrollen engagieren und Umfragen zufolge eine Mehrheit der US-Bürger diese ebenfalls fordert, ist so gut wie sicher, dass entsprechende legislative Vorstöße am Widerstand der Republikaner scheitern werden. Parallel dazu zeichnet sich an der juristischen Front ein Drama ab, das Anhänger einer strikteren Regulierung in Rage versetzt. Der Oberste Ge­richtshof der USA schickt sich nämlich an, ein Grundsatzurteil zu fällen, welches die Voraussetzungen, um in der Öffentlichkeit eine Schusswaffe zu tragen, sogar weiter lockern würde.

Der Hintergrund der leidenschaftlich geführten Diskussion ist ein Gesetz aus dem Bundesstaat New York, welches das verborgene Tragen von Waffen an bestimmte Auflagen knüpft. Der zweite Zusatz zur US-Verfassung schreibt vor, dass jeder Bürger das Recht hat, eine Waffe zu besitzen. Das sogenannte „Second Amendment“ hat seine Ursprünge in der Kolonialzeit, als jeder Amerikaner das Recht haben sollte, sich gegen britische Soldaten zu wehren. Heute beruft sich aber die mächtige Waffenlobby National Rifle Association (NRA) auch dann auf die Verfassung, wenn es darum geht, Privatbürgern selbst den Besitz jener halb automatischen Sturmgewehre zu erlauben, die bei folgenschweren Amokläufen immer wieder zum Einsatz kommen.

Um die Gefahren dieser großzügigen Interpretation der Verfassung zu minimieren, haben New York und acht andere Staaten Gesetze verabschiedet, die das verborgene Tragen einer Waffe an bestimmte Auflagen knüpfen. Wer dort eine Schusswaffe mit sich führen will, die für andere nicht sichtbar sein darf, muss zunächst eine Lizenz beantragen. Während es in den meisten Staaten genügt, die Fähigkeit zur Selbstverteidigung als Grund anzugeben, fordert New York, dass Antragsteller „einen besonderen Umstand“ nachweisen, der das Tragen einer potenziell tödlichen Waffe in der Öffentlichkeit notwendig macht.

Das wiederum geht den Herstellern und deren Lobbyisten zu weit. Prompt klagte die New York State Rifle and Pistol Association gegen das Gesetz, und nach mehreren Berufungen ist der Fall nun beim Supreme Court in Washington gelandet. Experten rechnen fest damit, dass der Oberste Gerichtshof das Gesetz kippen wird. Bei den mündlich vorgetragenen Argumenten, die beide Seiten ins Feld führten, standen nämlich jene sechs Richter, die von republikanischen Präsidenten ernannt worden waren, den Beschränkungen für Waffenbesitzer in New York ausgesprochen skeptisch gegenüber. Sie bilden die Mehrheit in dem neun Richter zählenden Gremium.

Umso eifriger sind die Demokraten bemüht, alle Register zu ziehen, um dem Trend zu einer Lockerung der Waffenkontrollen entgegenzuwirken. Dass ihre republikanischen Kollegen vor dem Hintergrund der jüngsten Blutbäder überhaupt daran denken, den Verkauf tödlicher Waffen quasi zu deregulieren, geißeln sie als „unmoralisch und völlig unfassbar“. Bereits am Donnerstag könnte der Justizausschuss des Repräsentantenhauses über einen neuen Gesetzesentwurf abstimmen, der das Mindestalter für den Kauf halb automatischer Sturmgewehre von 18 auf 21 anheben, den Handel mit Waffen einschränken und steuerliche Anreize für die sichere Lagerung von Schusswaffen einführen würde.

Die Debatte wird aber wie so oft im Sande verlaufen. Im Senat fehlt es den Demokraten nämlich an der notwendigen Mehrheit, um einen Filibuster zu überwinden, mit dem die Republikaner schärfere Kontrollen zu Fall bringen können. Das wiederum geht auf das Konto der NRA, die allein 2016 50 Mill. Dollar für die Präsidentschaftskampagne des erfolgreichen republikanischen Kandidaten Donald Trump spendete. Da die Organisation in die roten Zahlen rutschte, flossen 2020 „nur“ 30 Mill. Dollar in die Kampagnen republikanischer Kandidaten. Das genügt aber allemal, um sicherzustellen, dass sich diese ihrem Geldgeber verpflichtet fühlen und im Kongress strengere Waffengesetze torpedieren.