Streit um Boom der Privatunis
Notiert in Madrid
Streit um Boom der Privatunis
Von Thilo Schäfer
Madrid ist ein Magnet für Unternehmen und Investitionen aller Art. Die Bildung ist da keine Ausnahme. In den letzten Jahren sind in der spanischen Hauptstadt mehrere private Universitäten aus dem Boden gestampft worden. In der Region gibt es bereits 13 private Hochschulen gegenüber sechs staatlichen, darunter Spaniens größte Uni, die Universidad Complutense de Madrid. Der Boom der Privaten erstreckt sich auf das ganze Land. Spanien hat 50 öffentliche Hochschulen. Die letzte davon wurde 1998 gegründet. In dieser Zeit hat sich die Zahl der privaten Unis mehr als verdoppelt auf 46. Weitere Projekte sind geplant. Die katholische Kirche mit ihren Ablegern, wie dem Opus Dei, ist der größte Betreiber von Privatunis, darunter die prestigeträchtige Universidad de Navarra. Auch Finanzinvestoren sind auf das lukrative Geschäft mit der Bildung angesprungen, wie etwa CVC bei der ebenfalls renommierten Universidad Alfonso X El Sabio in Madrid. Jedoch lassen einige private Bildungseinrichtungen nach Ansicht von Experten bei den Standards zu wünschen übrig.
Die Linksregierung kündigte nun eine Verschärfung der Auflagen für die Gründung privater Hochschulen an. „Die Universität darf nicht zu einer Fabrik für Titel ohne Garantie werden“, kritisierte Ministerpräsident Pedro Sánchez letzte Woche und unterstellte einigen der privaten Initiatoren, dass sie statt „Exzellenz zu suchen“ einfach nur „abkassieren“ würden. Die neuen Regeln erfordern, dass die Privaten binnen fünf Jahren auf ein Minimum von 4.500 Studierende kommen, mindestens drei statt bisher zwei Doktoranden-Programme anbieten und mindestens 5 % ihres Budgets der Forschung widmen. Der Prüfbericht einer staatlichen Kommission für neue Projekte soll fortan bindend sein. Bisher konnten sich die Regionalregierungen nämlich einfach über die Einschätzung der Expertenkommission hinwegsetzen und trotzdem Privatunis genehmigen.
Das geschah vor allem im konservativ regierten Madrid. Die streitsame Ministerpräsidentin Isabel Díaz Ayuso witterte hinter der Verschärfung des Gesetzes eine „ideologische Attacke“ des Sozialisten Sánchez. Ihre Volkspartei (PP) forderte am Montag die Europäische Kommission auf, gegen diesen vermeintlichen Angriff auf die unternehmerische Freiheit vorzugehen. Offiziell geht es der Regierung um die Qualität der Abschlüsse angesichts einer inflationären Entwicklung. Doch die Sozialisten sprechen auch offen über den Aspekt der sozialen Gerechtigkeit. Denn wer es nicht auf eine staatliche Uni schafft, kann sich mit Geld den Mastertitel bei einer Privaten besorgen, wo die Gebühren ein Vielfaches betragen. Ein Lösungsansatz wäre der Ausbau der Studienplätze an den Öffentlichen. Das Angebot stagniert jedoch seit Jahren, mangels Finanzierung. Die Zentralregierung kann diesbezüglich nicht viel ausrichten. Denn dem nationalen Bildungsministerium untersteht lediglich die Fernuni UNED. Die übrigen 49 öffentlichen Hochschulen sind Sache der 17 autonomen Regionen.