Trügerischer Glanz auf der Mattscheibe
TV-Sender
Trügerischer Glanz auf der Mattscheibe
Von Heidi Rohde
Die beiden deutschen Free-TV-Anbieter ProSiebenSat.1 und mehr noch RTL gehen bei den Investoren mit einem einigermaßen glanzvollen Programmbeitrag auf Sendung. Das „Mega-Medienereignis“ der Fußballeuropameisterschaft in Deutschland hinterlässt im Zahlenwerk dabei Licht und Schatten – so hat RTL dank der Fans den Zuschauermarktanteil gesteigert, musste für die Übertragung aber zugleich höhere Produktionskosten schultern.
Bei der Konkurrentin aus München kamen die Werbeerlöse im Sommer aufgrund der Konjunkturschwäche nicht nennenswert voran. Live-Übertragungen der EM gab es bei ProSiebenSat.1 nicht.
Finanziell nur Verluste
Glanzvoll schimmert dafür das Streaming-Geschäft beider Medienhäuser. RTL hat die Zahl der Abonnenten binnen Jahresfrist um ein Viertel gesteigert, auch dafür war die Fußball-EM ein Katalysator. ProSiebenSat.1 verzeichnet bei ihrem Dienst Joyn monatliche Nutzerzahlen, die um mehr als 50% gegenüber Vorjahr angeschwollen sind. Allerdings fällt ein Schatten auf den schönen Schein, denn beide Sparten sind vorläufig defizitär, und für die Plattform Joyn, die auch in einer kostenfreien Basisversion nutzbar ist, nennen die Münchner inzwischen gar kein Zieldatum mehr für den Break-even.
Drohkulisse bleibt
Im Kern hat sich die Drohkulisse für die beiden deutschen TV-Sender nicht geändert. Lineares Fernsehen mit dem dahinter stehenden Geschäftsmodell von Zuschauerquoten und Werbepreisen ist ein Auslaufmodell; das Gros der jungen Generation ist bereits komplett auf einen Film- und Videokonsum auf Abruf eingestellt und benutzt ein TV-Gerät mitunter nur noch als Großbildschirm für Gaming oder Video-Streaming. Bei Letzterem kommen RTL und ProSiebenSat.1 in der Zuschauergunst zwar voran. Allerdings stößt ihre Finanzkraft in der Content-Produktion im Vergleich zu globalen Riesen wie Disney oder Netflix schnell an Grenzen. Denn buchstäblich Grenzen sind den deutschsprachigen, zumal lokalthematischen Inhalten auch in der globalen Skalierung gesetzt. Das geht mit Englisch deutlich leichter.