Trumps politische Zukunft steht nun auf der Kippe
Die spektakuläre Razzia auf dem Anwesen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in Florida zu Wochenbeginn wirft Fragen auf: Plant das Justizministerium seines Nachfolgers Joe Biden, den 45. Präsidenten anzuklagen und vor Gericht zu stellen? Oder beflügelt die Razzia Trump? Könnte es ihm gelingen, seinen Kopf ein weiteres Mal aus der Schlinge zu ziehen, und nutzt er die Aufregung, um seine Anhänger auf dem Weg zu einer neuerlichen Präsidentschaftskampagne zu mobilisieren?
Am Montag haben Agenten des US-Bundeskriminalamts FBI in Mar-a-Lago Trumps privaten Wohnsitz durchsucht. Sie knackten einen Tresor, in dem Trump offenbar vertrauliche Dokumente verwahrte, die er illegal aus dem Weißen Haus entfernt haben soll. Seit der FBI-Razzia steht Trumps politische Zukunft auf der Kippe.
Bisher sprach alles dafür, dass er sich wieder um das höchste Amt im Land bewerben würde. Schließlich gelangten alle Umfragen zu dem Schluss, dass er nicht nur der klare Favorit unter republikanischen Anwärtern wäre, sondern in einer zweiten Auflage eines Duells mit Biden gute Chancen hätte. Als wahrscheinlich galt, dass er in drei Monaten seine Kandidatur verkündet, gleich nach den Parlamentswahlen, bei denen die Republikaner alle Chancen haben, die Mehrheiten in beiden Kongresskammern zurückzuerobern.
Unterdessen hat die Öffentlichkeit bisher kaum Notiz genommen von der Vorarbeit, die Trump geleistet hat, um seine Siegchancen zu verbessern. Wie die jüngsten republikanischen Vorwahlen in wichtigen „Swing States“ beweisen – diese werden auch 2024 die Wahl entscheiden –, hat er nämlich republikanische Kritiker demontiert und Leugnern von Bidens Wahlsieg 2020 hervorragende Ausgangspositionen verschafft, um in ihren jeweiligen Staaten Schlüsselpositionen zu übernehmen. Vergangene Woche gelang das mit Vorwahlsiegen in Michigan, Arizona und Georgia, wo er mit Erfolg Kandidaten für die Positionen des Gouverneurs, des Innenministers, des Staatsanwalts und für Sitze im US-Senat gefördert hat.
Diese könnten nach den Wahlen im November in Amt und Würden sein. Zwar mag es sich um weitgehend unbekannte Personen handeln, die aber kraft ihres Amts im Stande und willens wären, den legitimen Wahlsieg eines Demokraten auf den Kopf zu stellen: Innenminister, die als höchste Wahlinstanz korrekt abgegebene Stimmen disqualifizieren könnten. Staatsanwälte, die gegen faire Ergebnisse klagen. Und Gouverneure, die eine Liste „falscher Elektoren“ für die Kür des gewählten Präsidenten nach Washington schicken könnten, so wie sich Trump das schon im Januar 2021 vorgestellt hatte.
Sollten die während der Razzia beschlagnahmten Dokumente nun aber zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen, dann könnten die sorgfältigen Vorbereitungen für eine weitere Kandidatur umsonst gewesen sein. Zwar hüllt sich das FBI zu dem Inhalt der beschlagnahmten Dokumente in Schweigen. Unter den Papieren befinden sich offenbar Briefe, die Trump von seinem Vorgänger Barack Obama und dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un erhalten hat. Politische Beobachter in Washington vermuten aber, dass es sich bei den beschlagnahmten Unterlagen auch um belastende SMS und Aufzeichnungen von Telefonaten handeln könnte, die Trump am 6. Januar 2021, dem Tag des Aufstands, mit leitenden Republikanern führte.
Der frühere US-Geheimdienstchef James Clapper hat jedenfalls den Verdacht, dass sich darunter Dokumente mit strafrechtlicher Relevanz befinden. „Sonst hätte es seitens des FBI niemals einen so großen Aufwand gegeben“, sagt Clapper. Kein Richter hätte ohne konkrete Indizien, die auf ein Verbrechen hindeuten, einen so umfassenden Durchsuchungsbefehl genehmigt. Der „Presidential Records Act“ verpflichtet jeden Präsidenten, vertrauliche und als geheim markierte Unterlagen in Washington zu lassen. Sollte Justizminister Merrick Garland entscheiden, Trump deswegen anzuklagen, würde im Falle einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren drohen. Aus politischer Sicht noch relevanter: Trump dürfte sich nie wieder um ein öffentliches Amt bewerben. Darin vermuten viele Beobachter die wahre Motivation der Demokraten.