Paris

Ungewöhnliche Einnahmequellen

Der französische Staat versteigert von der Justiz beschlagnahmte Waren wie edle Weine. Vermögenswerte russischer Oligarchen finden sich jedoch erstmal nicht darunter, da sie bislang nur eingefroren wurden.

Ungewöhnliche Einnahmequellen

Romanée Conti, Angelus und Ausone: Allein die Namen bringen die Augen von Weinliebhabern zum Leuchten. Immerhin gehören die Tropfen dieser Güter zu den besten Weinen, die Frankreichs berühmteste Anbaugebiete zu bieten haben. Das ist auch straffälligen Franzosen nicht entgangen. Jahr für Jahr beschlagnahmen Justiz und Steuerfahnder bei ihnen tausende wertvoller Flaschen. Die werden jedoch nicht einfach eingelagert oder etwa ausgetrunken. Seit ein paar Jahren organisiert das Wirtschaftsministerium regelmäßig Versteigerungen beschlagnahmter Waren.

Bei der nun angekündigten „außerordentlichen Auktion von Grand Crus“, die das Auktionshaus Drouot am Samstag im Palais de Ducs in Dijon durchführt, werden insgesamt 1000 Flaschen angeboten. Darunter finden sich vor allem Spitzenweine aus dem Burgund und Bordeaux. So wird eine Flasche Romanée Conti, Jahrgang 2000, in dem Online-Katalog auf 11500 Euro geschätzt, drei Flaschen La Tâche der Domaine Romanée Conti, ebenfalls Jahrgang 2000, auf 9000 Euro und sechs Flaschen Château Angelus aus demselben Jahr auf 2000 Euro. Man hoffe, mit der Versteigerung 1,2 Mill. Euro einzunehmen, sagt Alain Caumeil, der Direktor der DNID, einer Einheit der Generaldirektion für Finanzen, die unter anderem für beschlagnahmte Güter zuständig ist.

Vielleicht bringt die Auktion sogar noch mehr ein. Bei der letzten Versteigerung beschlagnahmter Waren im November zumindest wurde ein auf 150000 Euro geschätzter Lamborghini für 227000 Euro verkauft. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben solche Auktionen dem Staat schätzungsweise 1,5 Mrd. Euro in die Kassen gespült. Die Einnahmen dienen unter anderem dazu, die Opfer von Verbrechen zu entschädigen. Die DNID wiederum hat mit der Versteigerung von beschlagnahmten Gütern, nicht abgeholten Autos aus Kfz-Verwahrstellen, ausgemusterten Gegenständen der öffentlichen Verwaltung wie einem Airbus A310 aus der Regierungsflotte im vorigen Jahr 79 Mill. Euro eingenommen.

In diesem Jahr seien weitere Versteigerungen außergewöhnlicher Güter in Douai, Lyon und Marseille geplant, sagt DNID-Direktor Caumeil. In Frankreich aufgespürte Vermögenswerte russischer Oligarchen befinden sich jedoch nicht darunter, da diese zunächst nur eingefroren worden sind. Für eine Beschlagnahmung wären weitergehende Ermittlungen und strafrechtliche Prozeduren notwendig. Zu den eingefrorenen Vermögenswerten gehören 33 Immobilien an der Côte d’Azur, auf Saint-Barthélemy, in Paris, den Alpen und im Baskenland im Wert von fast 600 Mill. Euro. Eine Liste mit genauen Grundbuchangaben findet sich auf der Seite des Wirtschaftsministeriums. Neben den Immobilien hat Frankreich 23,7 Mrd. Euro an Guthaben russischer Oligarchen blockiert, mehrere Jachten und Containerschiffe im Wert von 125 Mill. Euro, sechs Hubschrauber im Wert von mehr als 60 Mill. Euro und Kunstwerke für 7 Mill. Euro.

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An der Côte d’Azur machen sich die Sanktionen für zahlreiche Dienstleister bemerkbar. Eric Rollin etwa, Geschäftsführer von Global Safety, aus Saint-Jean-Cap-Ferrat stand kurz vor der Unterzeichnung eines Vertrages mit einem neuen russischen Kunden, als Russland die Ukraine überfiel und die Sanktionen gegen Russland in Kraft traten. Ein Vertrag zur Sicherung eines Anwesens mit Videokameras und Wachpersonal bringt seinen Angaben zufolge 35000 bis 50000 Euro pro Monat. Rollin schätzt seinen Umsatzausfall bis Juli auf 60%.

Vitaly Arkhangelsky wiederum, ein Broker aus Nizza, der Privatjets an russische Kunden vermittelt, schätzt, dass er seit Beginn des Krieges 200000 bis 300000 Euro verloren hat. Werften und Schiffbauspezialisten an der Côte d’Azur bekommen die Sanktionen ebenfalls zu spüren. Eigentlich hätten sie Aufträge für Reparatur und Wartung von zwei mehr als 100 Meter langen russischen Booten gehabt, berichtet David Sieur vom Branchenverband Riviera Yachting Network. Diese Schiffe hätten jedoch nach Ausbruch des Krieges wegen der drohenden Sanktionen mitten im Atlantik wieder umgekehrt. Den dadurch verursachten Umsatzausfall schätzt Sieur auf 10 Mill. Euro.