Monte dei Paschi

Verpasste Gelegenheit

Monte dei Paschi di Siena braucht dringend Kapital, hat zu viele faule Kredite in den Büchern, zu viel Personal an Bord, ist in Rechtsrisiken involviert und muss dringend rekapitalisiert werden. Dennoch scheiterte nun ein Teilverkauf.

Verpasste Gelegenheit

Nach dem Scheitern des Verkaufs von Teilen der mehrheitlich staatlichen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) an Unicredit hat Italiens Regierungschef Mario Draghi ein Problem mehr. Zwar ist die Bank nicht pleite. Doch sie braucht dringend Kapital, hat zu viele faule Kredite in den Büchern, zu viel Personal an Bord, ist in Rechtsrisiken involviert und muss dringend rekapitalisiert werden. Zunächst aber muss Rom in Brüssel eine Verlängerung der zum Jahresende auslaufenden Privatisierungsfrist aushandeln. Die Partnersuche für MPS, die allein keine Überlebenschance hat, geht weiter. Aber wer will und wer kann eine Bank übernehmen, deren Lage offenbar noch schwieriger ist als erwartet? Das ist eine der Erkenntnisse der Gespräche mit Unicredit. Andere Bewerber gibt es jedoch momentan nicht oder aber sie könnten, wie die Mailänder BPM, allenfalls Teile der Monte dei Paschi übernehmen, was für Rom aus diversen Gründen (vorerst) nicht akzeptabel ist.

Für Draghi wäre ein Verkauf an Unicredit der Königsweg gewesen. Doch deren CEO Andrea Orcel hat alles richtig gemacht. Er hat klare Bedingungen vorgegeben: Eine Übernahme darf die Bank nicht belasten, soll kapitalneutral und gewinnsteigernd sein. Er hat sich klar daran gehalten. Dennoch ist er nun enttäuscht. Denn mit einer Übernahme hätte Unicredit nicht nur die eigene Position in zentralen Regionen Italiens gestärkt, sondern auch zur Stabilisierung des Bankenmarkts in Italien beigetragen – und damit das Vertrauen von Investoren in den italienischen Markt gestärkt, das nun wohl einen Dämpfer bekommen hat.

Das Scheitern der Gespräche ist eine schlechte Nachricht für Draghi. Für die Mutter der HypoVereinsbank (HVB) ist es „nur“ eine verpasste Gelegenheit. Und eine Übernahme der Nummer 3 in Italien, der BPM, ist derzeit wegen deren in den vergangenen Monaten stark gestiegenen Börsenwerts kaum möglich.

Geschäftlich ist eine Übernahme für Unicredit keine Notwendigkeit. Die HVB-Mutter ist die klare Nummer 2 in Italien hinter Intesa Sanpaolo mit komfortablen Marktanteilen in vielen Regionen. Sie ist kapitalmäßig solide aufgestellt, international tätig und erzielt rund die Hälfte der Erträge außerhalb Italiens. Die Quartalszahlen, die am Donnerstag veröffentlicht werden, dürften gut ausfallen, die Aktionäre können mit attraktiven Dividenden rechnen. Zudem hat Orcel die Führungsstruktur gestrafft, die Organisation vereinfacht und das Italien-Geschäft zu einer eigenständigen Einheit aufgewertet. Außerdem will er das Investment Banking stärken und nach dem Verkauf der Assetmanagement-Tochter Pioneer unter seinem Vorgänger Jean Pierre Mustier auch wieder stärker auf die Vermögensverwaltung setzen. Der CEO stellt in den nächsten Wochen außerdem einen neuen Strategieplan vor.

Das allein genügt jedoch Investoren nicht. Der in den letzten Monaten deutlich gestiegene Aktienkurs könnte womöglich vorübergehend gebremst werden. Denn von den Märkten war die Akquisition schon eingepreist worden. Wenn Orcel nach der Vorstellung des neuen Strategieplans zu den Roadshows aufbricht, dann mag seine Strategie überzeugen. Doch aus Investorensicht sind auch Akquisitionen Teil der Equity Story, die Orcel verkaufen muss. Das ist die offene Flanke, die Unicredit noch bietet, während Konkurrent Intesa Sanpaolo hier in den vergangenen Jahren wesentlich aktiver war – zuletzt etwa mit der Übernahme von Ubi Banca und dem Ausbau des Versicherungs- und Assetmanagement-Geschäfts.

Unicredit muss auf absehbare Zeit auch auf diesem Gebiet liefern. Angesichts der nach wie vor bestehenden Schwierigkeiten und Hindernisse bei grenzüberschreitenden Fusionen wäre eine nationale Übernahme vermutlich leichter und böte Einsparpotenziale. Beobachter sind der Meinung, dass die Konsolidierung im Bankensektor Italiens noch längst nicht abgeschlossen ist. Ein möglicher Kandidat, der für Unicredit in Frage kommen könnte, ist neben der BPM auch wieder die Monte dei Paschi. Ganz zu ist die Tür für eine solche Lösung sicher nicht, und dass MPS dauerhaft staatlich bleibt, erlauben schon die EU-Regeln nicht. Voraussetzungen dafür sind aber eine anhaltend positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung, die die MPS in der Zwischenzeit stabilisieren würde, und dass es die Regierung schafft, auch schmerzhafte Maßnahmen bei der Bank durchzusetzen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Monte dei Paschi zu einer Art Alitalia des Bankensektors wird – und dann sollte Unicredit definitiv die Finger von dem Institut lassen.

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