LeitartikelKapitalmarktkommunikation

Versteckspiele in Stuttgart-Zuffenhausen

Bei Porsche herrschen auffällige Mängel in der Kapitalmarktkommunikation. Der Sportwagenbauer aus Stuttgart-Zuffenhausen hat Nachholbedarf, um die üblichen Standards bei Blue Chips zu erfüllen.

Versteckspiele in Stuttgart-Zuffenhausen

Porsche

Versteckspiele in Zuffenhausen

Von Stefan Kroneck

In der Kapitalmarktkommunikation hat Porsche Nachholbedarf.

Transparenz ist eine Tugend von Emittenten in der Kommunikation mit dem Kapitalmarkt. Bei der überwiegenden Mehrheit der deutschen Blue Chips ist es Standard, dass zur regelmäßigen pflichtgemäßen Veröffentlichung von Quartalszahlen zum 30. Juni, 30. September und 31. Dezember auch die Finanzdaten des zurückliegenden Dreimonatsabschnitts gehören und nicht nur die kumulierten Werte zum Stichtag.

Zu den wenigen schwarzen Schafen, die das ignorieren, zählt Porsche. Zur Vorlage der Erfolgszahlen des Sportwagenbauers zum ersten Halbjahr sucht man im Zwischenbericht und in Präsentationen vergeblich nach Angaben zur Gewinn-und-Verlust-Rechnung sowie zu Pkw-Auslieferungen für den Zeitraum April bis Juni. Dieser Mangel ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass in einer Pressemitteilung das Dax-Mitglied aus Stuttgart-Zuffenhausen sich explizit auf das zweite Quartal bezieht, eigene schriftliche Aussagen zur Qualität des Ergebnisses aber nachweislich etwa in tabellarischer Form nicht belegen kann.

Operative Probleme

Interessenten, die sich ein genaues Bild von der Lage des Unternehmens verschaffen wollen, sind daher gezwungen, die Differenz aus den Eckdaten des Halbjahres mit jenen des Winterquartals zu berechnen, um auf die Daten des Frühjahresabschnitts zu kommen. Das ist ein aufwendiges Unterfangen. Zieht man in Betracht, dass an den Börsen in Zehntelsekunden entschieden wird, Aktien zu kaufen oder zu verkaufen, sind diese lückenhaften Angaben der Schwaben fragwürdig.

Hinzu kommt, dass Porsche sich in einer schwierigen Phase befindet. Wegbrechende Geschäfte im bislang größten Einzelmarkt China und hohe Vorleistungen für die aufwendige Transformation zur Elektromobilität nagen an der Marge. Die Luxusschmiede schockierte die Anleger zuletzt mit einer Gewinnwarnung. Mit aktuell über 67 Euro notiert die Porsche-Vorzugsaktie nahezu ein Fünftel unterhalb ihres Ausgabepreises von Ende September 2022. Vor diesem Hintergrund wäre es umso wichtiger, den Investoren aus dem Streubesitz so viele Informationen wie möglich zur Verfügung zu stellen, um Vertrauen zu schaffen. 

Beharrungskräfte

Wer glaubt, dieses Verhalten der Edelmarke beruhe auf Vorgaben von Volkswagen, der irrt. Selbst der Wolfsburger Mutterkonzern schlüsselt seine Zahlen zum jüngsten Zwischenbericht auch nach Daten zum zweiten Quartal auf, wenngleich das keinen großen Raum einnimmt. Auf Nachfrage bei Porsche, warum die zurückliegenden Quartalszahlen nicht gesondert bekannt gegeben werden, verweist das Unternehmen darauf, dass dies immer schon so gewesen sei und sich daran voraussichtlich auch nichts ändern werde.

Herrscht am Firmenhauptsitz immer noch der Geist von Wendelin Wiedeking, jenem Vorstandschef, der einst rotzfrech behauptete, Quartalmitteilungen seien unnötig, da diese die Entwicklung des Konzerns verzerrt wiedergäben und es lediglich auf den langfristigen Erfolg ankomme? Porsche weigerte sich damals, unterjährig Zwischenberichte zu veröffentlichen. Dieses Missachten der Spielregeln deuteten die Verantwortlichen der Deutschen Börse als Provokation und schmissen Porsche nach mehrmaligen Ermahnungen im September 2001 aus dem MDax, in dem das Unternehmen seinerzeit gelistet war.

CEO Blume widerspricht sich selbst

Die wilden Zeiten unter Wiedeking sind zwar längst Geschichte, doch in Bezug auf die Kapitalmarktkommunikation gibt es unter dem heutigen Porsche-CEO Oliver Blume noch viel Luft nach oben. Bemerkenswert an der Sache ist, dass sich Blume in seiner Doppelrolle als CEO der Tochtergesellschaft (seit 2015) und VW-Konzernchef (seit September 2022) in seiner Kommunikationspolitik selbst widerspricht. Einerseits hält Porsche an ihren Versteckspielen in Bezug auf Quartalszahlen fest, andererseits ist der Mehrmarkenkonzern aus der niedersächsischen Tiefebene auf dieser Ebene transparenter unterwegs. Porsche würde besser fahren, ihren Starrsinn abzulegen und auf die Linie von VW umzuschwenken. Ansonsten schadet sich das Unternehmen mit dieser überkommenen Haltung nur selbst.