Kommentar

Volatilität an jeder Hausecke

Die USA-Wahl führt den Vorständen auch in deutschen Unternehmen vor Augen: Politik ist zum mitbestimmenden Faktor für ihre Strategie geworden.

Volatilität an jeder Hausecke

Firmen nach US-Wahl

Volatilität
an jeder Hausecke

Von Michael Flämig

Europa ist im Schockzustand nach der US-Wahl. Der Sieg von Donald Trump trifft die Demokraten auf dem Alten Kontinent ins Herz. Das Prinzip Hoffnung erweist sich als trügerisch.

Unternehmen sind zwar meist weit kühler kalkulierend als Bürgerinnen und Bürger. Aber auch Vorstände müssen sich neu sortieren. Politik wird immer stärker zum mitdominierenden Faktor für die Unternehmensstrategie. Das zeigt das Beispiel Siemens Healthineers.

Mit Blick auf die USA ist dabei gar nicht das Wesentliche, dass Siemens Healthineers keine gravierenden Folgen sieht, wie der Vorstand auf der Jahrespressekonferenz des Medizintechnikunternehmens am Donnerstag feststellte. Klar: Das Gesundheitswesen eignet sich nicht für Handelskriege. Außerdem ist das Gesundheitswesen in den Vereinigten Staaten weniger staatlich geprägt und stand nicht im Fokus des Wahlkampfs.

Von USA bis China

Wesentlich ist vielmehr: Healthineers muss nun beim Handelspartner und alten Verbündeten USA darüber nachdenken, ob gravierende Einschnitte nach einer Wahl drohen. Derlei wäre vor 20 Jahren undenkbar gewesen, auch wenn Konzerne sich immer politisch positionieren mussten.

Wie gravierend politische Eingriffe sein können, zeigt das Beispiel China. Anfang 2023 hatten die Healthineers-Investoren nicht auf dem Zettel gehabt, dass in dem Land Ermittlungen gegen Korruption drohen könnten. Seit Sommer/Herbst 2023 ist dies jedoch der dominierende Einfluss auf den Aktienkurs, und zwar für alle Hersteller von Röntgengeräten & Co. Dieser politische Faktor ist keine kurzfristige Veränderung, sondern zeigt voraussichtlich mindestens zwei Jahre Wirkung. Für börsennotierte Konzerne ist dies eine halbe Ewigkeit.

Ende der Stabilität

Die wachsende Bedeutung der Politik für die Wirtschaft ist ein schrittweiser Wandel, der schon längere Zeit läuft. Die US-Wahl ist „nur“ ein drastischer Zwischenschritt. Die Zeit stabiler Rahmenbedingungen ist vorbei. Manager müssen viel stärker als früher politische Entscheidungen antizipieren, wenn sie über Standorte oder gar M&A nachdenken. Heutzutage droht politische Volatilität an jeder Hausecke.

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