Luftfahrt

Wenn einer eine Reise tut

Wer in einer Pandemie wegfliegen will, muss sich auf Unannehmlichkeiten einstellen. Digitale Einreiseanmeldungen haben ihre Tücken. Mit etwas mehr Mitmenschlichkeit ginge alles besser.

Wenn einer eine Reise tut

„Bitte versuchen Sie es später noch einmal“ – Die digitalen Einreiseformalitäten bei der Rückkehr nach Großbritannien sind nicht ganz so ausgereift wie die Website des Robert-Koch-Instituts (RKI), auf der Grenzübertritte Richtung Deutschland erfasst werden. Doch wer die wackelige IT britischer Regierungsstellen schon kennt, drückt routiniert die F5-Taste, und schon kann es losgehen. Weil es sich um eines der in Whitehall beliebten „One size fits all“-Formulare handelt, muss man sich genau überlegen, was auf einen zutrifft bzw. auf kleinere Kinder, die weder geimpft noch getestet sein müssen. Denn auch für sie muss ein Formular ausgefüllt werden. Zudem haben sich die Regeln auf Druck der Reisebranche gerade wieder einmal geändert. Statt der kostspieligen PCR-Tests sind nun auch Lateral-Flow-Tests zugelassen, um am zweiten Tag nach der Einreise zu prüfen, ob eine Sars-CoV-2-Infektion vorliegt.

Der Bitte, beim Ausfüllen einen Nachweis für die vollständige Impfung hochzuladen, käme man gerne nach, doch will die Website ausdrücklich nur Dokumente mit einem QR-Code. Die vom britischen National Health Service ausgestellten digitalen Covid-Pässe im PDF-Format enthalten jedoch zwei – einen für jede Dosis. Damit nicht genug: Der Screenshot des NHS-QR-Codes für die zweite Dosis wird nicht angenommen, angeblich weil es sich dabei um den Code für die erste Dosis handelt. Mit dem Code für die erste Dosis gibt sich das vom Homeoffice aufgesetzte System schließlich zufrieden. Selbst die Ankunftszeit des Flugs wird abgefragt, als stiege man in Heathrow in der Regel pünktlich aus dem Flieger­. Beim Ausdrucken folgt die nächste Überraschung: Der QR-Code­ auf der Einreiseanmeldung wird angeschnitten. Also die erste Seite noch einmal im Querformat ausgedruckt und fertig. Doch wer während einer Pandemie verreist, muss sich eben auf Unbequemlichkeiten einstellen.

Den QR-Code kontrolliert am Nachmittag am Flughafen niemand, denn es fehlt vermutlich an entsprechenden Lesegeräten. Ohnehin wäre es kaum möglich, den Überblick über die zahllosen unterschiedlichen Formate der Einreiseanmeldungen, Impf- und Testnachweise aus aller Welt zu behalten. Unsere Impfpässe werden für Testnachweise gehalten, die Einreiseanmeldung interessiert nicht weiter. „Warum haben Sie Ihre Maske abgenommen?“ fragt die Flughafenmitarbeiterin, die an die Gepäckannahme gesetzt wurde, gleichermaßen entgeistert wie angenervt. Dabei dachte meine Frau, sie müsse sie abnehmen. Schließlich müsste die Dame, die übrigens selbst keine Maske trug, eigentlich prüfen, ob sie auch wirklich so aussieht wie auf dem Passfoto. In bestem Kasernenhofton geht es weiter: „Hat das Kind einen Test?“ „Es braucht keinen Test.“ „Ich habe Sie gefragt, ob das Kind einen Test hat, nicht ob es einen braucht.“ Nachdem sich die Check-in-Mitarbeiterin dann bei einem Kollegen rückversichert hat, dass Zehnjährige nicht getestet werden müssen, können wir endlich unser Gepäck loswerden. Die Stimmung an den Schaltern war ohnehin geladen, da man sich trotz pandemiebedingt größeren Aufwands erst 90 Minuten vor Abflug bequemte, den Check-in zu eröffnen. Dabei empfiehlt die Website des Flughafens, zwei Stunden früher da zu sein.

Nach den jüngsten Medienberichten über stundenlange Schlangen in Heathrow waren wir bereits auf das Schlimmste vorbereitet. Doch in 15 Minuten haben wir die britische Passkontrolle hinter uns. Die Einreiseanmeldung interessiert nicht, aber vielleicht sind die Daten ja digital hinterlegt. Allerdings bläst auch in London ein scharfer Wind. „Warum kommen Sie gerade jetzt nach Großbritannien?“, wird das rumänische Paar mit Kleinkind neben uns gefragt. Wer heute aus der EU einreist, wird von der Border Force mitunter gebeten, sein Geld auf den Tisch zu zählen – wie der Verfasser dieser Zeilen in den 1980er Jahren. Etwas mehr Mitmenschlichkeit wäre in solchen Situationen hilfreich. Die Päckchen mit den Day-2-Tests kommen trotz Lkw-Fahrer-Knappheit rechtzeitig an. Wenn die Ergebnisse nun auch noch Eingang in unsere NHS-Accounts finden, wäre das britische System effizienter als das deutsche. Denn vom zuständigen Gesundheitsamt, an das die schicke RKI-Website unsere Daten weiterreichte, haben wir nie etwas gehört.