Unterm StrichVermögenssteuer

Wenn Reiche gerne Steuern zahlen

Millionäre, die höhere Steuern für Reiche fordern, müssen nicht auf den Gesetzgeber warten: Das Schuldentilgungskonto des Bundes wartet auf Zuflüsse.

Wenn Reiche gerne Steuern zahlen

Wenn Reiche gerne Steuern zahlen

Von Claus Döring

Millionäre, die höhere Steuern für Reiche fordern, müssen nicht auf den Gesetzgeber warten: Das Schuldentilgungskonto des Bundes wartet auf Zuflüsse.

Gegensätze ziehen sich an, sie zu überbrücken kann intellektuell reizvoll sein. Markt und Marx ist ein solcher Gegensatz. Es gehört zu den Verdiensten von Sahra Wagenknecht, in ihren Büchern die mögliche Synthese von Marktwirtschaft und Sozialismus populärwissenschaftlich analysiert zu haben. Dass sie sich in ihrer Kapitalismuskritik als Fan von Ludwig Erhard und seiner Vision vom „Wohlstand für alle“ outet, hat der Vermarktung ihrer Bücher und ihrer Person nicht geschadet. Den Brückenschlag vom Kapitalismus zum Sozialismus sucht die Linken-Ikone auch mit der Agenda ihrer noch zu gründenden Partei (vgl. BZ vom 24. Oktober), und auch dabei zeigt sie keine Berührungsängste mit dem Kapital. Als Schatzmeister des Wagenknecht-Vereins agiert der IT-Unternehmer und Millionär Ralph Suikat, der sich seit einigen Jahren als „Impact Investor“ für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem einsetzt.  

Beim Spendensammeln kann er auf einen reichen Freundeskreis zurückgreifen, gehört er doch den Netzwerken „Millionaires for Humanity“ und „Taxmenow“ an. Zusammen mit den „Patriotic Millionaires“ setzen sich diese Gruppen, denen mehr als 100 Millionäre aus neun westlichen Industrieländern angehören, seit Jahren für höhere Steuern für die Reichen ein. Zum erlauchten Kreis der steuerlichen Sadomaso-Millionäre gehören insbesondere Firmenerben, für die in den USA Namen wie Bronfman, Disney oder Getty stehen, in Europa die BASF-Erbin Marlene Engelhorn oder der Schwarz-Pharma-Erbe Antonis Schwarz.  

Mit einer Vermögensteuer, die mit 2% für Millionäre beginne und sich bis auf 5% für Milliardäre steigere, ließen sich jährlich weltweit 2,5 Bill. US-Dollar einnehmen, rechnete die Nichtregierungsorganisation Oxfam anlässlich des Weltwirtschaftsforums im Jahr 2022 vor. Damit könnten die Ungleichheit in der Welt verringert sowie Gesundheitsvorsorge und Bildung in ärmeren Ländern finanziert werden.  

Auf offene Ohren scheinen die Besteuerungsaktivisten bei der EU Tax Observatory in Paris gestoßen zu sein. Dieser von der EU finanzierte Thinktank hat gerade in einer Studie gefordert, die weltweit etwa 2.800 als Milliardäre identifizierbaren Personen mit mindestens 2% ihres Vermögens zu besteuern. Das würde jährlich 258 Mrd. Dollar in die Staatskassen spülen. Nach der globalen Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne rücken also jetzt die Superreichen ins Visier, auch wenn deren Vermögen freilich meistens aus Anteilen an diesen bereits besteuerten Unternehmen besteht.       

In Deutschland fordern die Taxmenow-Millionäre die Wiedereinführung der Vermögensteuer, geringere Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer, progressive Steuersätze bei der Kapitalertragsteuer sowie eine Vermögensabgabe für Millionäre, falls aufgrund der Schuldenbremse staatliche Aufgaben nicht mehr finanziert werden können. Letzteres ist ja hochaktuell, nachdem Finanzminister Christian Lindner partout an Schuldenbremse und Grundgesetz festhalten will und damit Wirtschaftsminister Robert Habecks die grüne Transformation der deutschen Industrie ausgebremst sieht.           

Den verhinderten Vermögensteuerzahlern sei das Schuldentilgungskonto des Bundes empfohlen, 2006 „auf vielfachen Wunsch von Bürgerinnen und Bürgern“ vom Bundesfinanzministerium eingerichtet. Je mehr Spenden dort zur Tilgung der deutschen Staatsschuld eingehen, desto größer der finanzielle Spielraum für weitere staatliche Aufgaben. Leider tröpfeln die Einzahlungen auf dieses Konto nur dürftig. Mit knapp 1,4 Mill. Euro Zuflüssen seit Bestehen ist nun wirklich kein Staat zu machen. Aber die Taxmenow-Aktivisten sollten wissen, dass der Nutzen ihrer freiwilligen Zahlung für die Gesellschaft nicht geringer wäre als der einer erzwungenen (Steuer-)Zahlung – und allemal wertvoller als eine Parteispende. Und: Der lange Weg zu einer steuerlich gerechteren Welt beginnt mit dem ersten Schritt. Die IBAN des bei der Bundesbank geführten Kontos lautet DE17 8600 0000 0086 0010 30, die BIC MARKDEF1860.

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