Brücke oder KrückeBankenregulierung

Renaissance der Bankrisiken

Die aufgehende Regulierungslücke zwischen den USA und Europa bringt die UBS in Rage und Europa in die Klemme: Basel III mutiert vom Sicherheitsanker zum Synonym für wettbewerbliches Siechtum

Renaissance der Bankrisiken

Renaissance
der Bankrisiken

Von Heidi Rohde

Historische Ereignisse werfen lange Schatten. Mit dem Untergang der Credit Suisse verschwand auch die über zwei Jahrhunderte bestehende Gewissheit, dass Schweizer Banken ein Hort der Sicherheit und Diskretion sind. Offenbar vor allem in der Schweiz selbst, wo sich die seit Übernahme der implodierten Rivalin aufgeblähte UBS nun von Staats wegen mit schnöden Sicherheitsfragen wie der nach der sogenannten harten Kernkapitalquote herumschlagen muss. Deren Aufstockung gemäß den Forderungen der Politik erscheint der Bank, die sich wie keine zweite auf dem Kontinent im Wettbewerb auf Augenhöhe mit US-Giganten sieht, derart unakzeptabel, dass sie nun droht, der Schweiz den Rücken zu kehren.

Entfesselte Wettbewerber

Die Drohung mag vorerst hypothetisch bleiben, aber sie ist ein Wink mit dem Zaunpfahl in einer Debatte, die in Europas Bankensektor seit dem Wahlsieg Donald Trumps neu aufgeflammt ist. Abgesehen von der erdrückenden Größe der US-Wettbewerber blicken diese hoffnungsfroh auf eine Deregulierungsoffensive, die die seit der Finanzkrise angelegten Fesseln in der Branche deutlich lockern soll. Derweil marschiert Europa noch stramm in die Gegenrichtung, jedenfalls in der Schweiz und in der EU, während Großbritannien nach dem Brexit auch hier die Freiheit eines Sonderweges nutzt, um die Stärke des eigenen Finanzplatzes zu sichern.

Europa in der Klemme

Der Sicherheitsanker Basel III mutiert unversehens zum Synonym für wettbewerbliches Siechtum. Damit sitzt Europa in der Klemme. Denn einerseits gelten enge Regulierungsfesseln und eine fragmentierte Bankenlandschaft seit langem als Schwachpunkte der Branche. Vor allem auch am Kapitalmarkt, wo die europäischen Institute im globalen Maßstab Leichtgewichte sind. Daran hat auch die Renaissance von über Jahre nicht existenten Zinserträgen wenig geändert. Andererseits erschließt sich kaum, dass ausgerechnet nach dem Untergang der Credit Suisse und einer mit Mühe eingedämmten US-Regionalbankenkrise der Ruf nach Deregulierung dringend Gehör finden sollte.

Das Dilemma bleibt: Die Deregulierung von Finanzgiganten in den USA und Großbritannien dürfte bei diesen noch die eine oder andere Wachstumsbremse lösen. Sie streichen die Gewinne ein und türmen neue Risiken auf. Die Folgen der nächsten Krise fallen indes auf alle zurück, die mit ihnen Geschäfte machen. In der EU ist das eine Vielzahl von weniger stark aufgestellten Instituten. Denen fehlt dann womöglich trotz regulatorischer Sicherheitsanker die Kraft, dem Orkan zu trotzen.

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