Daimler

Zäsur nach Zetsche

Die Frage sei nicht gewesen „warum jetzt?“, sondern „warum warten?“, erklärt Daimler-CEO Ola Källenius die 180-Grad-Wende zum Kurs seines Vorgängers Dieter Zetsche. Schon allein die Abspaltung des Truckgeschäfts wäre eine Zäsur in der Geschichte des...

Zäsur nach Zetsche

Die Frage sei nicht gewesen „warum jetzt?“, sondern „warum warten?“, erklärt Daimler-CEO Ola Källenius die 180-Grad-Wende zum Kurs seines Vorgängers Dieter Zetsche. Schon allein die Abspaltung des Truckgeschäfts wäre eine Zäsur in der Geschichte des Stuttgarter Automobilkonzerns. Doch gehen die Pläne des Schweden noch viel weiter. Die Kleinwagenmarke Smart ist bereits ausgelagert worden. Für das Pkw-Geschäft hat er im Herbst eine Strategie skizziert, mit der Mercedes im margenstarken Luxus-Segment an Marktanteilen und Umsatz zulegen soll. AMG, G-Klasse, Maybach sowie die Elektroautoreihe EQ sollen künftig die Segmente „Performance Luxury“, „Adventurous Luxury“, „Sophisticated Luxury“ und „Progressive Luxury“ definieren. „Wir werden das Potenzial unserer Untermarken freisetzen“, versprach Källenius im Oktober. Am Mittwoch hat er gezeigt, dass er bereit ist, im Konzern auch unbequeme Wege zu gehen, um das aus seiner Sicht Richtige zu tun.

Mit Finanzvorstand Harald Wilhelm hat er einen Partner an seiner Seite, der seinerseits willens ist, das Erbe seines Vorgängers ohne Sentimentalitäten aufzuarbeiten. So hatte Zetsches Finanzchef Bodo Uebber noch einen Wandel Daimlers vom Autohersteller zum breit aufgestellten Mobilitätsanbieter angestoßen und mit einer Holding-Struktur aufs Gleis gesetzt.

Dieses Konstrukt wird nun aufgelöst, indem Daimler Truck abgespalten und Daimler Mobility auf die beiden künftig unabhängigen Industrieunternehmen aufgeteilt wird. Formell müssen diesem Schritt erst noch die Aktionäre in einer außerordentlichen Hauptversammlung zustimmen. Der Kurssprung der Aktie nach Ankündigung der Pläne kann aber zumindest als Indikator dafür gelten, dass die Pläne im Grundsatz auf viel Wohlwollen stoßen.

Die Kehrtwende ist verständlich. Vieles, was vor wenigen Jahren über den künftigen Automarkt angenommen wurde, ist entweder so nicht eingetreten oder erscheint zunehmend unwahrscheinlich. So sind Mobilitätsdienste wie Carsharing durch die Pandemie deutlich gebremst worden. Bei der Elektrifizierung geht der Trend im Truck-Geschäft zur Brennstoffzelle, beim Pkw weiter zur Batterie. Mit weniger Synergien und unterschiedlichen Entwicklungspfaden spricht mittlerweile mehr für eine Trennung von Pkw- und Nutzfahrzeugsparte als für deren Zusammenbleiben. Die Zäsur nach Zetsche ist keine bewusste Abkehr vom Erbe des Vorgängers. Sie ist ein notwendiger Schritt, um die neue Strategie konsequent verfolgen zu können.

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