Sparkassen-Finanzgruppe

Zentralinstitut in Warteschleife

Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis hält die Pausentaste zum Zentralinstitut weiterhin gedrückt. Unklar bleibt, wie es einmal aussehen soll.

Zentralinstitut in Warteschleife

In der Sparkassen-Familie ist einiges in Bewegung geraten. Kaum vermeldet der Dachverband DSGV, dass die Reform der Institutssicherung in der Gruppe be­schlossene Sache sei, da kommt er mit der Ansage zu Berlin Hyp um die Ecke. Der Verband ist bemüht, die geplante Auflösung der Landesbank Berlin Holding samt erhofftem Verkauf des Immobilienfinanzierers rein damit zu erklären, Komplexität und Kosten herunterzufahren. Doch spätestens mit dem Beschluss, Berlin Hyp ins Schaufenster zu stellen, schießen wieder Spekulationen über ein Sparkassen-Zentralinstitut ins Kraut.

Das Mammutvorhaben, für das Helmut Schleweis seit seinem Antritt als DSGV-Präsident trommelt, steckt in der Warteschleife. Es ruht seit anderthalb Jahren, ohne je richtig begonnen zu haben. DekaBank und Helaba als potenzieller Kern eines Zentralinstituts hatten Anfang 2020 Gespräche über eine vertiefte Kooperation bis hin zur möglichen Fusion aufgenommen, bald darauf drückte Schleweis aber der Pandemie wegen symbolisch die Pausetaste. Da auch die Berlin Hyp als potenzieller Teil eines größeren Ganzen gehandelt wird, steht die Frage im Raum, ob er schon klammheimlich die Starttaste gedrückt hat, nachdem der Pandemie halber anderthalb Jahre ins Land gegangen sind.

Hat er nicht, ist aus verschiedenen Ecken der Sparkassen-Organisation zu hören. Die ist noch weit davon entfernt, ein Zentralinstitut zu schaffen. Es fängt ja schon damit an, dass unklar ist, wer überhaupt dazugehören soll. Die verschiedensten Varianten sind in der Vergangenheit ins Gespräch gebracht worden. Ob die Berlin Hyp nun beispielsweise an die Deka oder an die Helaba geht, spielt letztlich keine große Rolle. Geschaffen würde der Nukleus eines Nukleus eines Zentralinstituts, mehr nicht.

Selbst darüber, wer den Kern eines Zentralinstituts stellt, herrscht keine Klarheit. Hatte Schleweis anfangs noch eine Verschmelzung von Helaba und Nord/LB im Sinn, so verlagerte sich die Diskussion später auf hessische Landesbank und Deka. Eine Einbeziehung des Wertpapierhauses stellt derweil der ostdeutsche Sparkassen-Verband OSV infrage, und der Rest wundert sich. Die Deka hat wie die Berlin Hyp den Vorteil, im Eigentum der Sparkassen-Finanzgruppe zu stehen. Ist die Helaba im Boot, muss der 12-%-Anteil der Länder Hessen und Thüringen rausgekauft werden – was kein Pappenstiel wäre, im Vergleich mit den anderen Landesbanken aber nachgerade ein Schnäppchen. Richtig teuer würde es bei den Schwergewichten im Süden und Norden. Dass gesteigertes Interesse daran besteht, sich nach der milliardenschweren Rettung der Nord/LB dahingehend so bald erneut mit Lasten zu beladen, darf bezweifelt werden. Der Länderanteil beträgt dort 62%. An der LBBW halten Stadt und Land fast 60%, an der BayernLB der Freistaat 75%.

Wären die öffentlichen Träger überhaupt bereit, ihre Landesbanken rauszurücken? Und frei nach einem alten Gassenhauer stellt sich die Frage: „Wer hat so viel Pin­ke­pin­ke, wer hat so viel Geld?“ Ob die Gesamtorganisation willens und fähig wäre, Milliardensummen zu stemmen, ist fraglich. Die einzelnen Regionalverbände mit Beteiligung an Landesbanken wären finanziell überfordert damit, sie komplett zu übernehmen. Zumal es an anderen Herausforderungen wie Niedrigzins, Wettbewerbsdruck, nötigen Investitionen in Digitalisierung und der Befüllung des Topfs zur Institutssicherung nicht mangelt.

Nebulös bleibt, wie ein Institut aussehen soll, das den Rückhalt der Finanzgruppe genießt. Wer darin aufgeht, ist ebenso unklar wie die Aufgabenstellung des Hauses und welche Risiken es eingeht. Unbeantwortet ist, ob beispielsweise auch Versicherungsgeschäft und Assetmanagement dazugehören. Verbleiben Primärinstitute wie Frankfurter Sparkasse oder BW-Bank im neuen Gebilde? Hat all das der DSGV definiert, so müssen die Sparkassen-Gremien der Regionalverbände und Landesbanken zustimmen – einstimmig. Dass es bei der jüngst beschlossenen Reform der Institutssicherung geklappt hat, ist in einer so heterogenen Gruppe wie der der Sparkassen aber kein Naturgesetz.

Schon der Weg zu einem Kern-Zentralinstitut à la Dekalaba wäre höchst beschwerlich, von einem noch größeren Gebilde, in dem weitere, möglicherweise alle Landesbanken aufgehen, ganz zu schweigen. Zieht die Sparkassen-Familie los, sobald Schleweis den Startknopf drückt, wird das Unterfangen – so es nicht auf halbem Wege abgebrochen wird – auf Jahre Managementkapazitäten binden, Kraft, Nerven und viel Geld kosten. In jedem Fall wird es knirschen und krachen. Aber das kommt ja in den besten Familien vor.      

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