Zum Abschied nochmal eine Provokation
Notiert in Paris
Provokation zum Abschied
wü Paris
Von Gesche Wüpper
Freitagabend ist auch in Frankreich die Welt nicht immer in Ordnung. Zumindest nicht am letzten. Während Zuschauer bei der Verleihung der César-Filmpreise in Paris auf eine mögliche Reaktion von Schauspielstar Julia Roberts auf die Verbalattacken von Donald Trump und JD Vance gegen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenksyj warteten, nahm Vincent Bollorés Fernsehsender C8 ohne Vorankündigung den umstrittenen Anti-Abtreibungs-Film „Unplanned“ ins Programm. Quasi als Abschiedsgeschenk, denn C8 und der Sender NRJ12 sind seit dem 1. März nicht mehr im digital-terrestrischen TNT-Fernsehen zu sehen. Beide haben bei der Neuvergabe von 15 Sendeplätzen ihre Lizenzen an andere Bewerber verloren.
Falsche Behauptungen
Der Anti-Abtreibungs-Film war die letzte Provokation von C8. Der Sender Bollorés, der wie die anderen Medien des Vivendi-Großaktionärs einen stramm rechten Kurs verfolgen, hatte vergeblich versucht, sein Ende mit einer Klage vor dem Staatsrat und massivem Lobbying zu verhindern. Wie die neue US-Regierung bediente er sich dabei gezielt falscher Informationen und Anschuldigungen, die ihn als Opfer dastehen lassen. Hinter dem von der zuständigen Aufsichtsbehörde Arcom beschlossenen Aus stecke der Wille der politisch Herrschenden, abweichende Meinungen unterdrücken zu wollen, ließen C8 und andere Medien des rechts-katholischen Milliardärs durchklingen. Ein Argument, das fatal an den Manipulationsversuch von US-Außenminister Vance und seine Behauptung erinnerte, die EU unterdrücke die Meinungsfreiheit. Und das zu einer groß angelegten Offensive der Rechtsextremen gehört, die rechtliche Regeln unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit angreifen.
Umstrittener Moderator
C8 ist jedoch keineswegs das Opfer einer politischen Verschwörung. Der Sender muss dafür bezahlen, dass er immer wieder gegen bestehende Regeln verstoßen hat. So ist C8 wiederholt zu Geldstrafen verurteilt worden, weil dort Falschinformationen wie Immigration töte und der Klimawandel sei eine Lüge verbreitet wurden. Allein wegen homophober Pöbeleien, Beleidigungen und sexueller Belästigungen des als ultrarechts bekannten Moderators Cyril Hanouna musste C8 laut der linksliberalen Tageszeitung „Libération“ in den letzten Jahren 7,5 Mill. Euro Strafe zahlen, ein Rekord.
Mit dem unangekündigt ins Programm aufgenommenen Anti-Abtreibungs-Film hat Bolloré der Aufsichtsbehörde noch einmal seine Gesinnung gezeigt. Dabei hatte er bei einer Anhörung zur Vergabe der Sendeplätze vor einem Ausschuss der Assemblée nationale beteuert, er verfolge mit seinen Sendern kein ideologisches Projekt, auch wenn er als Katholik gegen die Abtreibung sei. Für Hanouna gehen übrigens trotz des Endes von C8 nicht die Kameras aus. Er wechselt zu M6 — sehr zum Entsetzen anderer Journalisten der Gruppe, an der Bertelsmann beteiligt ist. Hanouna soll ab September bei dem Fernsehsender W9 eine tägliche Sendung und bei Fun Radio ein Nachmittagsprogramm moderieren.