Dem Rückgang des Aktienkurses von 100 auf 33 Euro in diesem Jahr hält das Management von Morphosys viel Zuversicht entgegen. „Wir wollen der nächste große Name in der europäischen Biotechnologie werden“, sagt Finanzvorstand Sung Lee im CFO-Interview der Börsen-Zeitung. „2025 können wir zwei Medikamente in der hämatologischen Onkologie auf dem Markt haben.“ Ein Jahr später will das Unternehmen in Planegg bei München profitabel sein und einen positiven Cash-flow erzielen, wie Lee berichtet.

Die zwei von Lee angesprochenen Medikamente sind Monjuvi gegen Blutkrebs, das seit Sommer 2020 in den USA auf dem Markt ist und das Morphosys dort mit dem Partner Incyte vermarktet. Kandidat für das zweite ist der Wirkstoff Pelabresib zur Behandlung von Myelofibrose, einer seltenen Krebserkrankung des Knochenmarks. Lee traut allein diesem ein Umsatzpotenzial von mehr als 1 Mrd. Dollar zu.

Morphosys hat Pelabresib mit der Akquisition des US-amerikanischen Unternehmens Constellation Pharmaceuticals in diesem Jahr erworben. Damit einher ging eine erhebliche Veränderung des Geschäftsmodells: Sichere Tantiemen von Lizenzpartnern tauscht Morphosys gegen die Chancen und Risiken der eigenständigen Entwicklung und Vermarktung von Medikamenten.

Das hat offensichtlich viele Aktionäre verschreckt. „Wir müssen kalkulierte Wetten eingehen“, entgegnet Lee. „Und wir hätten die Akquisition von Constellation nicht gemacht, wenn wir nicht von einem Erfolg absolut überzeugt wären.“

Für das Unternehmen in den USA hat Morphosys 1,7 Mrd. Dollar bezahlt – mit Hilfe des Finanzierungspartners Royalty Pharma. Angesichts einer Marktkapitalisierung von nur noch 1,1 Mrd. Euro und mehr als 90% Streubesitz ist Morphosys ein Übernahmekandidat. Lee kommentiert dies mit den Worten: „Wenn uns ein Unternehmen attraktiv findet – und davon gibt es welche, wie ich denke –, liegt das außerhalb unserer Kontrolle.“♠

Interview Seite 9