Im GesprächKai Ostermann

„Leasingfirmen sind keine Großbanken“

Die deutsche Leasingbranche wünscht sich eine Entkopplung von dem an internationalen Finanzkonzernen orientierten Regulierungsrahmen der EU.

„Leasingfirmen sind keine Großbanken“

IM GESPRÄCH: Kai Ostermann

„Leasingfirmen sind keine Großbanken“

Der Präsident des Leasingverbands über die Probleme seiner Branche mit europäischer Regulierung

Von Detlef Fechtner, Brüssel

Die deutsche Leasingbranche wünscht sich eine Entkopplung von dem an Großbanken orientierten Regulierungsrahmen. Denn dieser Rahmen passe nicht, sagt der Präsident des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen, Kai Ostermann.

Der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen macht sich für eine Regulierung stark, die stärker danach differenziert, wer von Vorgaben betroffen ist. „Leasinggesellschaften sollten anders reguliert werden als Großbanken“, sagt Verbandspräsident Kai Ostermann im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Er beklagt, dass die europäischen Regeln, denen auch die Leasinggesellschaften unterworfen werden, sich oft an internationalen Finanzkonzernen als eigentlichem Regulierungssubjekt orientierten. „Aber: Leasingfirmen sind keine Großbanken.“

Die Idee, dass das Proportionalitätsprinzip alles richten solle, funktioniere nicht, erläutert Ostermann, der zugleich Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leasing ist. Seiner Ansicht nach führt die aufsichtliche Dynamik vielmehr dazu, dass die Regulierung sehr engmaschig wird und eine Novelle der anderen folgt.

Ruf nach eigenem nationalen Regulierungsrahmen

„Der Rahmen passt nicht“, betont Ostermann und fordert: „Leasing bräuchte einen eigenen nationalen Regulierungsrahmen, der sich an der deutschen mittelständischen Struktur orientiert.“ Im deutschen Leasingverband BDL sind rund 230 Mitgliedsunternehmen organisiert. 75% der Leasingunternehmen haben weniger als 50 Beschäftigte.

Die Regulierung von Leasinggesellschaften in Europa ist Ostermann zufolge „recht verschieden“. In Großbritannien und Österreich sei Leasing völlig unreguliert. In Deutschland wiederum sei das Geschäft „stark bankennah reguliert“. Auch der rechtliche und steuerliche Rahmen sei von Land zu Land sehr unterschiedlich. „Wir machen uns deshalb dafür stark, dass Leasinggesellschaften unter nationaler Aufsicht bleiben“ – auch um den sehr unterschiedlichen Marktstrukturen Rechnung zu tragen. In Frankreich zum Beispiel gebe es nur noch sehr wenige und eher große Leasinggesellschaften. Die seien fast alle Töchter von Banken. In Frankreich gebe es nicht einen breiten Mittelstand, sondern nur Konzerne und sehr kleinteilige Firmen.

Kritik an Berichtspflichten

Eine aufsichtsrechtliche Begleitung wie in Frankreich könnten die mittelständisch geprägten deutschen Gesellschaften nicht leisten. „Wenn deutsche Leasingfirmen fünf Beschäftigte brauchen, die sich nur um die Einhaltung regulatorischer Vorgaben kümmern, funktioniert das nicht mehr“, unterstreicht der Verbandspräsident.

Kritisch beäugt er die Ausweitung der Reporting-Anforderungen. Der Umfang der Datentiefe im Berichtswesen, insbesondere beim Nachhaltigkeits-Reporting, sei ein großes Thema. „Das hat sich so sehr verselbständigt, sodass das heute weit über das Ziel hinausschießt.“ Da erstrecke sich Nachhaltigkeitsberichterstattung in manchen Fällen über mehrere Hundert Seiten. „Ich frage mich, wen das noch interessieren soll“, kritisiert Ostermann.

Skepsis gegenüber Harmonisierung des Insolvenzrechts

Zudem sei Goldplating ein ernstes Thema. Die Kette gehe ja noch weiter. Nationale Gesetzgeber erweiterten die Anforderungen, Abschlussprüfer setzten dann noch einen drauf. „Das muss“, so mahnt der Interessenvertreter, „Brüssel mitbedenken.“

Der Idee einer Harmonisierung der Insolvenzregeln, wie sie in Zusammenhang mit der Kapitalmarktunion immer wieder ins Gespräch gebracht wird, steht Ostermann mit Vorbehalten gegenüber. „Mit Blick auf die unterschiedlichen Insolvenzregeln sehen wir die Idee einer Harmonisierung insofern kritisch, da das Risiko besteht, dass europäische Regeln zu stark schuldnerorientiert sein könnten.“ Stichworte seien hier Moratorien oder der Pre-Insolvency Schedule. Das könnte zu einer Erhöhung der Anforderungen führen.

Natürlich bezweifle der von ihm geführte Verband nicht, dass der Kampf gegen Geldwäsche wichtig sei, betont Ostermann. „Aber: Die Anti-Geldwäsche-Regeln dürfen das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.“ Den Leasingfirmen habe noch niemand darlegen können, warum gerade von ihnen besondere Gefahren ausgingen. Es gebe aus Sicht von Kriminellen sicher andere Wege, die aussichtsreicher sind, hält Ostermann dagegen.

Leasing von Gebrauchtwagen

Mit Interesse verfolgt sein Verband die Überlegungen, die im jüngsten Aktionsplan der EU-Kommission für die Automobilbranche zum Thema Leasing und Gebrauchtwagen enthalten sind. Viele größere Leasinggesellschaften hätten eigene Einheiten, die Tausende Gebrauchtwagen vermarkteten, berichtet Ostermann. „Das ist ein großer Teil der Leasing-Wertschöpfungskette.“ Und mehr und mehr gewinne das Leasing von Gebrauchtfahrzeugen an Bedeutung, insbesondere im Zuge von Elektromobilität. Das Thema Nutzung werde eine noch größere Rolle spielen. Leasing sei also nicht nur auf den ersten Umlauf des Neukaufs beschränkt. Hinzu kämen neue Abo-Modelle. „Noch ist der Anteil klein, aber das wird steigen.“

Von Detlef Fechtner, Brüssel
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