Märkte am Mittag

Dax pendelt um die 13.000-Punkte-Marke

Die Angst vor den Folgen einer Gaskrise setzt Europas Börsen zu. Der Dax stürzt unter die 13.000-Punkte-Marke, kann sich dann aber fangen. Dabei verheißt auch der Einkaufsmanagerindex nichts Gutes.

Dax pendelt um die 13.000-Punkte-Marke

Der Dax rutschte am Donnerstagvormittag zunächst erneut unter die seit Mittwoch umkämpfte und psychologisch wichtige Marke von 13.000 Punkten und verlor 1,3% auf 12.971 Stellen. Später konnte der Index Boden gutmachen und lag zuletzt leicht oberhalb der Marke. Der MDax der mittelgroßen Werte gab zuletzt um 2,26% auf 26.630,48 Zähler nach. Der EuroStoxx50 fiel um 1,2% auf 3.424 Zähler. „Hohe Inflationsraten, eine restriktivere Geldpolitik, steigende Zinsen, der Krieg in Europa sowie Corona-Lockdowns in China fordern in diesem Jahr ihren Tribut“, fasste Carsten Klude, Chefvolkswirt bei M.M.Warburg, zusammen. „Anleger benötigen in diesen Zeiten Nerven wie Stahlseile – und Geduld, denn eine schnelle Trendwende zum Besseren ist noch nicht absehbar.“

Der Einkaufsmanagerindex für die gesamte Wirtschaft in der Euro-Zone sank unerwartet kräftig um 2,9 auf 51,9 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit 16 Monaten. Der Einkaufsmanagerindex für die deutsche Privatwirtschaft – Industrie und Dienstleister zusammen – fiel um 2,4 auf 51,3 Punkte und damit auf ein Sechs-Monats-Tief. Auch in Frankreich wuchs die Wirtschaft so langsam wie seit dem Einbruch infolge der Omikron-Welle im Januar nicht mehr.

Zinserhöhung steht nicht in Frage

Das drückte auch den Euro stärker ins Minus. Die Gemeinschaftswährung verlor 0,7% auf 1,0495 Dollar. „Die Zahlen enttäuschen auf ganzer Linie“, sagte Helaba-Analyst Ralf Umlauf. Die für Juli erwartete Zinserhöhung der EZB stehe damit nicht in Frage, da die Geldpolitik wegen der Rekordinflation von 8,1% im Euro-Raum gegensteuern müsse. Die Notenbank will die wichtigsten Zinssätze im Juli um jeweils 0,25 Prozentpunkte anheben. Es wäre die erste Zinserhöhung seit 2011. Für September peilen die Währungshüter einen noch größeren Zinsschritt an, wenn der Inflationsschub anhält.

Anleger flüchteten sich erneut in sichere Häfen und griffen unter anderem bei Bundesanleihen zu. Im Gegenzug fiel die Rendite der zehnjährigen Papiere auf 1,437%.

Gas-Warnstufe in Deutschland treibt die Preise

An den Nerven der Anleger zehrt auch die eskalierende Versorgungslage an den Gasmärkten. Angesichts der reduzierten Lieferungen aus Russland spricht die Bundesregierung von einer Gaskrise und rief die zweite Stufe das Notfallplans Gas aus. Der europäische Erdgas-Future verteuerte sich um knapp 5% auf 132,60 Euro je Megawattstunde. Im Winter drohten Rationierungen des Gasbezugs und damit Produktionsstopps in der Industrie, sagte Jens Südekum, Professor der Volkswirtschaft an der Universität Düsseldorf. „Eine schwere Rezession könnte die Folge sein.“

Die Ölpreise sanken erneut. Die Nordsee-Sorte Brent verbilligte sich um 2,1% auf 109,34 Dollar je Fass. „Die Ölmärkte bleiben unter Druck, da die Anleger befürchten, dass US-Zinserhöhungen die wirtschaftliche Erholung behindern und die Treibstoffnachfrage dämpfen“, sagte Kazuhiko Saito, Chefanalyst beim Broker Fujitomi Securities. Solche Bedenken spiegelten sich in sinkenden Kupferpreisen wider. Im Rahmen seiner halbjährlichen Anhörung vor dem Kongress wird US-Notenbankchef Jerome Powell sprechen. Am Mittwoch hatte er sich zu weiteren zügigen Zinserhöhungen bekannt, um die Inflation in den Griff zu bekommen.

Atos unter den Gewinnern

Stark konjunkturabhängige Aktien gerieten in Europa besonders unter die Räder, dazu zählten vor allem Auto- und Finanzwerte. Am Pariser Aktienmarkt trieb die Hoffnung auf ein erfolgreiches Zusammengehen mit Thales Atos-Aktien um 7,5% nach oben. Einem Medienbericht zufolge hat Frankreichs Regierung keine Bedenken und befürwortet die Fusionspläne des Rüstungskonzerns mit dem IT-Berater.

Im Dax verloren zuvorderst die Aktien der Deutschen Bank und fielen um 4,5%. Im MDax verloren die der Commerzbank fast 6%. Sorgen, dass im Fall einer Rezession womöglich Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden könnten, belasteten.

Ansonsten standen vor allem Umstufungen im Fokus – und die bezogen sich auf Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe. So wurden Aroundtown von JPMorgan auf „Underweight“ abgestuft, was die Aktie zeitweise mit einem Abschlag von mehr als 10% an das Ende des MDax katapultierte. Zuletzt gab sie 8,0% ab. Analyst Tim Leckie hält die Markterwartungen für zu optimistisch, gerade wenn sich die Konjunktur weiter verschlechtert.

Vantage Towers gaben um 6,7% nach. Der Optimismus der US-Bank Morgan Stanley zur Aktie der Vodafone-Sendemastentochter ist gewichen. Analyst Emmet Kelly stufte das Papier auf „Equal-weight“ ab und senkte das Kursziel von 38 auf 32 Euro. Damit böte die Aktie allerdings immer noch ein Kurspotenzial von aktuell rund 25%.

Zu Rheinmetall die um 2,6% nachgaben, äußerte sich Analyst Richard Schramm von der britischen Bank HSBC vorsichtiger. Er strich unter anderem aus Bewertungsgründen seine Kaufempfehlung. Das Kursziel hob er von 220 auf 240 Euro an und verwies auf seine hochgesetzten Wachstumserwartungen für die Rüstungssparte des Konzerns. Skeptisch schaut er indes auf die Autozuliefersparte.

Die Anteile von Salzgitter gaben im SDax nach einem Kurseinbruch am Vortag von 11% weitere moderate 0,6% ab. Die US-Bank Morgan Stanley stufte die Papiere des Stahlherstellers nun von „Underweight“ auf „Equal-weight“ hoch. Am gestrigen Nachmittag hatte Salzgitter zwar erneut die Prognose erhöht, doch eine Abstufung der Aktie durch die US-Bank JPMorgan und ihr kritischer Blick auf die Aussichten der gesamten europäischen Stahlbranche hatten die Anleger zuvor bereits verschreckt.

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