Hamsterkäufe

Deutschland muss sich im globalen Handel hinten anstellen

Die Industrie boomt. Viele Unternehmen weltweit hamstern Rohstoffe und Vorprodukte. Einer Studie des Kreditversicherers Euler Hermes zufolge haben deutsche Firmen dabei oft das Nachsehen.

Deutschland muss sich im globalen Handel hinten anstellen

Der konjunkturelle Boom nach der Corona-Rezession führt weltweit zu Hamsterkäufen der Unternehmen. Dabei haben europäische und vor allem deutsche Unternehmen oft das Nachsehen, während die USA im Rennen um die heiß begehrten Zulieferungen die Nase vorn haben.

Das ist das Ergebnis einer Welthandelsstudie des Kreditversicherers Euler Hermes.

Erklärt wird das Missverhältnis mit der ungleichzeitigen Erholung von den Folgen der Lockdowns. Die US-Konjunktur kam im laufenden Jahr deutlich früher und kraftvoller wieder in Gang als in Europa. Die Folge: Warenlieferungen aus China in die USA nähmen derzeit um rund 30 % zu, nach Europa hingegen nur um etwa 10 %.

“Hamsterkäufe sind aktuell in im globalen Handel”, sagte der Chef von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Ron van het Hof. “Die USA haben im Rennen um die Waren dabei allerdings klar die Nase vorne – unter anderem aufgrund der früheren Wiedereröffnung.” Unternehmen versuchten überall händeringend, ihre Lagerbestände aufzufüllen. “Das ist aktuell allerdings kein Selbstläufer: Angesichts der anhaltenden Engpässe in der Versorgungskette, insbesondere bei den Schiffscontainern selbst, und den längsten Verspätungen seit einem Jahrzehnt steigen die Preise und damit Kosten des Welthandels im Galopp auf neue Rekordhöhen.” Die meisten europäischen Länder und insbesondere Deutschland hätten in dieser Lage Mühe, ihre ohnehin niedrigen Lagerbestände wieder aufzufüllen.

Der Studie der Allianz-Tochter zufolge hat sich der Welthandel im laufenden Jahr überraschend schnell und stark erholt. Für das Gesamtjahr rechnen die Volkswirte von Euler Hermes beim Volumen der weltweit gehandelten Waren und Dienstleistungen mit einem Plus von 7,7 %, nach 8 % Minus im Vorjahr. Wegen deutlicher Preiserhöhungen dürfte demnach der Handel dem Wert nach sogar um 15,9 % zulegen, nach einem Minus von 9,9 % 2020.

Der Einbruch bei Angebot und Nachfrage sei der Treiber hinter dem Einbruch des Welthandels 2020 gewesen, schrieben die Ökonomen. “Für den diesjährigen Anstieg des Werts der gehandelten Waren und Dienstleistungen macht die Normalisierung der Angebots- und Nachfragebedingungen allerdings nur etwa 15 % aus – die Aufstockung der Lagerbestände hingegen etwa 50 %.” Die knappen Schiffskapazitäten mit höheren Preisen machen demnach rund 35 % aus. Containerreedereien verlangen derzeit kräftig steigende Preise für globale Gütertransporte, die zu rund 90 % auf See abgewickelt werden. “Schiffskapazitäten dürften kurzfristig auch weiterhin knapp bleiben”, sagte van het Hof. “Gründe dafür sind neben dem regional sehr ungleichmäßigen Aufschwung die unzureichenden Investitionen der letzten Jahre in der Seeschifffahrt.” Weil Transportkapazitäten nicht kurzfristig aufgestockt werden können, rechnet er – wie auch Reedereien selbst – mit weiteren Engpässen bis ins Jahr 2022.

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