EU bestellt bei Biontech, zögert bei AstraZeneca
Während die Europäische Union eine milliardenschwere Bestellung beim Impfstoffhersteller Bontech/Pfizer platziert, lässt sie die Zukunft ihres Vertrags mit AstraZeneca offen – und die Streitigkeiten mit dem Hersteller eskalieren. Nach Aussage von Industriekommissar Thierry Breton hat sie ihren Impfstoffvertrag mit AstraZeneca nicht über Juni hinaus verlängert. „Wir haben die Bestellung nicht über den Monat Juni hinaus erneuert“, sagte Breton am Sonntag im Radiosender France Inter. „Wir werden sehen. Wir schauen, was passiert.“
Ein Kommissionssprecher stellte auf Anfrage klar, dass es bei AstraZeneca zunächst um die Erfüllung des geltenden Vertrags gehe. Die Firma ist mit Lieferungen an die EU sehr im Rückstand. „Wir halten uns aber alle Optionen offen, um uns für die nächsten Phasen der Pandemie vorzubereiten, für die Jahre 2022 und darüber hinaus.“ Über Vertragsverlängerungen könne man sich jetzt nicht äußern.
Zeitgleich bestellte die EU bis zu 1,8 Milliarden weitere Dosen Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer. Damit sollen bis ins Jahr 2023 die 70 bis 80 Millionen Kinder in der EU gegen Covid-19 geschützt und Impfungen von Erwachsenen aufgefrischt werden. Die EU-Kommission billigte dazu am Wochenende einen weiteren Vertrag mit dem Hersteller. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte zudem an, dass weitere Vereinbarungen folgen könnten. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat das Geschäft ein Volumen bis zu 35 Milliarden Euro und bedeutet weitere Investitionen in Deutschland und Belgien. Die Kosten je Dosis liegen demnach bei etwa 19,50 Euro je Dosis.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte den Vertrag. Damit werde für notwendige Nachimpfungen wie auch die Anpassung des Impfstoffs an Virusvarianten gesorgt. Deutschland könnte von den ersten 900 Millionen Impfdosen 165 Millionen bekommen. Das Finanzministerium veranschlagt dafür 3,83 Milliarden Euro. Für die laufende Impfkampagne hat die EU bereits zwei Rahmenverträge mit Biontech/Pfizer über 600 Millionen Impfdosen geschlossen, die seit Ende 2020 nach und nach ausgeliefert werden. Allein von Anfang April bis Ende Juni erwartet die EU 250 Millionen Dosen dieser Hersteller.
Zusätzliche Biontech-Produktion in Asien
Die EU-Kommission verteidigte, dass die Kosten für eine Dosis noch höher sind als bei bisherigen Verträgen mit Biontech/Pfizer. Zuletzt betrug der Preis nach Angaben aus Bulgarien 15,50 Euro. Es gebe strengere Liefervereinbarungen, andere Haftungsregeln und Vereinbarungen zur Anpassung des Impfstoffes an neue Virus-Varianten, hieß es aus der Brüsseler Behörde. Außerdem zahle die EU künftig kein Geld mehr zur Produktionsförderung.
Für Auffrischungen und die Impfung von Kindern werden nach Schätzung der Kommission 2022 und 2023 zusammen rund 700 Millionen Dosen benötigt. Tritt eine Mutation des Virus auf, gegen die bisherige Impfungen nicht helfen, bräuchte man 640 Millionen Dosen, um 70 Prozent der EU-Bevölkerung völlig neu zu immunisieren.
Eine Tochter der Shanghai Fosun Pharmaceutical Group Co. gab am Sonntag bekannt, ein Joint Venture mit Biontech zur lokalen Produktion und Vermarktung des Covid-19-Impfstoffs des deutschen Unternehmens einzugehen. Laut einer Erklärung gegenüber der Shanghai Stock Exchange wird Fosun bis zu 100 Millionen Dollar in die Partnerschaft investieren. Biontech soll im selben Wert Vermögenswerte wie Produktionstechnologien und Lizenzen einbringen. Im Rahmen des Vertrags wird Fosun eine Produktionsstätte errichten, in der jährlich bis zu 1 Milliarde Dosen des Impfstoffs hergestellt werden können.