Landgericht Bonn

Gefängnisstrafe für Cum-ex-Geschäfte

Im Cum-ex-Komplex hat das Landgericht Bonn ein hartes Urteil gefällt. Mit einer Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren blieben die Richter jedoch weit hinter der Forderung der Anklage zurück.

Gefängnisstrafe für Cum-ex-Geschäfte

Im Cum-ex-Komplex hat das Landgericht Bonn erstmals eine Haftstrafe verhängt. Wie das Gericht bereits am Dienstagabend bekannt gab, verurteilte die zwölfte große Strafkammer den früheren Banker Christian S. wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Wegen einer „rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung“, das im November begonnene Verfahren hatte sich unter anderem wegen der Auflagen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in die Länge gezogen, gelten zwei Monate der Haftstrafe bereits als vollstreckt. Wie das Gericht weiter mitteilte, ordnete das Gericht die Einziehung von 100.000 Euro aus dem Privatvermögen des Bankers an. Dabei handele es sich um den Wert der Taterträge, für den der Angeklagte als Gesamtschuldner haften soll. Das Urteil gegen den früheren Mitarbeiter der Hamburger Privatbank M.M. Warburg ist noch nicht rechtskräftig (Az.: 62 KLs 1/20).

Mit dem Urteil, das Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende als „entscheidenden Meilenstein“ im Cum-ex-Skandal bezeichnete, blieb das Gericht deutlich hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft zurück, die wegen schwerer Steuerhinterziehung in zwölf Fällen eine Haftstrafe von zehn Jahren gefordert hatte. Für jede einzelne besonders schwere Steuerhinterziehung sieht das Gesetz nach Angaben Sprecherin des Gerichts eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren vor, aber insgesamt ist das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe 15 Jahre. Da der Angeklagte für insgesamt fünf Fälle verurteilt wurde, habe das Gericht eine Gesamtstrafe bilden müssen.

Der ehemalige Grünen-Politiker Schick sprach sich in einer noch am Abend veröffentlichten Stellungnahme für weitere Haftstrafen aus: „Cum-ex hat den Staat nicht nur über 10 Mrd. Euro gekostet, sondern auch Vertrauen in den Rechtsstaat.“ Die nun verhängte Gefängnisstrafe und das erste strafrechtliche Urteil desselben Gerichts im vergangenen Jahr seinen erste Schritte, um jahrelange Versäumnisse wiedergutzumachen. In dem Verfahren aus dem vergangenen Jahr, das mit Bewährungsstrafen gegen zwei frühere Wertpapierhändler geendet hatte, wurden die von zahlreichen Banken jahrelang betriebenen Cum-ex-Geschäfte erstmals als Straftat eingestuft. Inzwischen liegt es jedoch beim Bundesgerichtshof (BGH), weil alle Verfahrensbeteiligten Revision eingelegt haben. Die Hauptverhandlung in Karlsruhe ist für den 15. Juni terminiert (1 StR 519/20).

M.M.Warburg betonte in einer Stellungnahme, dass das Urteil des Landgerichts gegen ihren früheren Mitarbeiter „ohne wirtschaftliche Folgen“ für die Gruppe bleibe. Die Richter hatten demnach bereits am 26. Februar beschlossen, von einer Einziehung bei der M.M. Warburg & CO Gruppe und der Warburg Invest Kapitalanlagegesellschaft abzusehen. Unabhängig davon, wie die Entscheidung des BGH ausfällt, fehle für eine Einziehung inzwischen auch die Grundlage, weil die vom Finanzamt Hamburg festgesetzten Steuerschulden für die Jahre 2007 bis 2011 vollständig zurückgezahlt hat. „Die Warburg Gruppe hat allein den gesamten Steuerbetrag gezahlt, obwohl Dritte die Geschäfte initiierten, abwickelten und große Profite erzielten, während die Warburg Gruppe nie die Absicht hatte, zu Unrecht von Steueranrechnungen zu profitieren“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Da die Warburg-Gruppe die steuerliche Einschätzung der Behörden nicht teilt, nach der sie für die gesamten Steuerforderungen vorrangig und allein in Anspruch zu nehmen sei, gehe sie gegen die Steuerbescheide rechtlich vor. Zudem habe sie gegen die „Initiatoren, Abwickler und Profiteure der Geschäfte“ Schadenersatzklagen eingereicht.