Amadeus-Chef feiert neue Reiselust
ths Madrid
Der Beginn der Sommerferien belegt eindrucksvoll, dass die Menschen wieder so viel reisen, als hätte es die Corona-Pandemie nie gegeben. Das freut die Branche nach den schweren Krisenjahren. Amadeus, einer der führenden Technologiekonzerne für Buchungssysteme und andere Anwendungen für die Reiseindustrie, hat nach einem Umsatz von 5,4 Mrd. Euro im letzten Jahr zu Beginn 2024 wieder das Niveau von 2019 übertroffen. Für Luis Maroto, den langjährigen CEO des internationalen Konzerns mit Stammsitz in Madrid, hatte die Krise auch positive Erkenntnisse. „Uns wurde klar, dass wir mit 10% des normalen weltweiten Verkehrsaufkommens zwei Jahre durchhalten könnten“, erzählte der Spanier in einem Interview mit „El Mundo“ am Wochenende. Man habe in den schweren Zeiten der Reisebeschränkungen viel gelernt.
Maroto ist seit fast einem Vierteljahrhundert bei dem Unternehmen, das 1987 von Air France, Lufthansa, Iberia und SAS gegründet wurde, um gemeinsame Lösung für Flugbuchungen zu erarbeiten. Er kam 1964 in Madrid als Sohn eines Polizisten auf die Welt, von dem er Disziplin und Arbeitskultur mit auf den Weg bekam. Als Kind wollte er Diplomat werden, gestand der CEO einmal. Doch Maroto studierte Jura an der Universidad Complutense de Madrid, absolvierte einen MBA an der IESE Business School und nahm weiterführende Studiengänge in Harvard und Standford. Nach einer Zeit bei Bertelsmann ging er 2000 zu Amadeus als Leiter für Marketing Finance. Der Spanier war maßgeblich an der internationalen Expansion des Konzerns hin zu einem Weltmarktführer beteiligt. Bei Amadeus wurde er 2003 Finanzvorstand und 2011 CEO, nach dem geglückten Börsengang ein Jahr zuvor.
Amadeus ist Ausnahmeerscheinung in Spanien
Amadeus ist zu einem der wenigen führenden Technologieunternehmen mit Sitz in Spanien geworden. An seinem Arbeitgeber mag er die Kombination aus IT und dem internationalen Reiseverkehr. Für das Wachstum und die Innovation kauft Maroto gerne Unternehmen hinzu, wie zuletzt Vision-Box für die biometrische Erkennung von Passagieren, was die Abfertigung beschleunigen soll. Beim Thema künstliche Intelligenz sieht Maroto selbst ein Unternehmen wie Amadeus eher beschränkt. „Wir haben nicht die Größe oder die Kapazitäten für Forschungen in KI oder Blockchain, die Milliarden kosten“, gestand der Spanier, der die Europäische Kommission in Technologiefragen berät.
Eine Herausforderung der Branche ist der Massentourismus, der in vielen Reiseländern, wie Spanien, auf wachsenden Widerstand trifft. Statt Beschränkungen appelliert Maroto an den „gesunden Menschenverstand“.
Die Erholung des weltweiten Reiseverkehrs hat Amadeus IT Group am Madrider Ibex 35 wieder nahe an die Kurswerte vor Ausbruch der Pandemie gebracht. Es gibt auch wieder eine Dividende mit einer Ausschüttung von 558 Mill. Euro. Maroto konnte sich zudem über eine Anhebung seiner Bezüge für 2023 von ganzen 35% auf 3,9 Mill. Euro freuen. Dafür macht er demnächst einen Doppeljob. Nach dem Weggang von Till Streichert zur Lufthansa im September wird Maroto zusätzlich seinen alten Posten als CFO übernehmen.