Nach einem Konflikt mit dem Aufsichtsratschef

Baywa-Chef zwischen Aufbruch und Machterhalt

Der Agrarhandelskonzern Baywa hat mit einem Machtkampf für Aufsehen gesorgt. Aus diesem ist der neue CEO Marcus Pöllinger gestärkt hervorgegangen. Der CEO muss das SDax-Mitglied nach einem hohen Jahresverlust wieder auf Kurs bringen.

Baywa-Chef zwischen Aufbruch und Machterhalt

Baywa-Chef zwischen Aufbruch und Machterhalt

Von Stefan Kroneck, München

Wenn die Baywa am Mittwoch ihre Quartalszahlen vorlegt, ist das insbesondere für Marcus Pöllinger ein Testfall. Denn nach dem hohen Verlust des Vorjahres versprach der Vorstandsvorsitzende bessere Zeiten für den Mischkonzern mit Schwerpunkt Agrarhandel. Auf der Bilanzpressekonferenz Ende März stellte der 45-Jährige für 2024 die Rückkehr in die Gewinnzone in Aussicht. Traditionell fällt das erste Quartal für das SDax-Mitglied mit Sitz in München wegen der Saisoneffekte im Geschäftsmodell relativ schwach aus.

Pöllinger hat das große Ganze im Blick. Denn der Vorjahresfehlbetrag von 93 Mill. Euro legte viele Baustellen bei der Baywa offen. Der Konzern war in den vergangenen Jahren vor allem auf Pump gewachsen. Im Zinstief war diese Expansionsstrategie aufgrund des billigen Geldes kein Problem gewesen. Bei nunmehr gestiegenen Marktzinsen werden die hohen Finanzschulden zu einer Last. Hohe Zinsaufwendungen und eine hohe Steuerquote zogen das traditionsreiche Unternehmen in die roten Zahlen.

Im Restrukturierungsmodus

Mit Finanzvorstand Andreas Helber geht Pöllinger die überfällige Restrukturierung der Bilanz an. Es steht unter dem Motto Schuldenabbau. Konzernaktivitäten, die unrentabel arbeiten, stehen auf dem Prüfstand. Dem hochgewachsenen Betriebswirt steht eine Kärrnerarbeit bevor. Pöllinger muss das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen. Seit Ende 2022 geht es für die Baywa-Aktie bergab. Seitdem büßte das Papier mehr als die Hälfte an Wert ein. Zum Wochenstart notierte der Titel zeitweise bei 22,80 Euro 0,4% schwächer. Pöllinger, der das Unternehmen seit mehr als einem Jahr führt, steht unter hohem Druck. Wegen des Defizits will er die Dividende für 2023 streichen. Das dürfte auf der diesjährigen ordentlichen Hauptversammlung, die am 11. Juni stattfindet, auf Kritik stoßen.

Der vom CEO verordnete Aufbruch ist zugleich für den Konzern ein Neuanfang nach der Schlammschlacht in der jüngsten Vergangenheit. Pöllinger muss wieder Ruhe in das Unternehmen bringen. Das erwarten vor allem die beiden Großaktionäre, die zum Genossenschaftsverbund gehörenden Bayerische Raiffeisen-Beteiligungs-AG (34,1%) und Raiffeisen Agrar Invest (27,6%) aus Österreich.

Aufsichtsrat stärkt ihm den Rücken

Im Januar sorgte die Baywa mit einem Machtkampf für Aufsehen. Der Aufsichtsratschef Klaus Josef Lutz wollte Pöllinger absetzen. Das war der Höhenpunkt eines Zerwürfnisses. Der langjährige Konzernchef Lutz wechselt im Juni 2023 in das Kontrollgremium und wurde Chefaufseher. Zwei Monate zuvor übergab der 65-Jährige das Amt des CEO auf seinem designierten Nachfolger Pöllinger. Lutz baute diesen zu seinem Nachfolger auf. Pöllinger gehört dem Vorstand seit 2018 an.

Der Jurist Lutz begründete sein Vorgehen mit dem Verdacht, dass Pöllinger gegen Compliance-Regeln verstoßen habe. Medienberichten zufolge ging es wohl um vertrauliche Personalakten von Vorständen, die eine Konzernmanagerin anlegen ließ. Diese Unterlagen bekam angeblich ein externer Berater in die Hände. Die anderen Aufsichtsratsmitglieder waren aber nicht bereit, Lutz zu folgen. In einer Sondersitzung des Gremiums sprach der Aufsichtsrat sein Vertrauen gegenüber Pöllinger aus. Ein Fehlverhalten sei nicht erkennbar gewesen, hieß es zur Begründung. Daraufhin warf Lutz das Handtuch.  Er verließ die Baywa Knall auf Fall. Pöllinger ging gestärkt aus dieser Auseinandersetzung hervor.

Anders als Lutz

Über die näheren Umstände des Konflikts machte Pöllinger bislang nach außen keine Angaben. Auf dem Aktionärstreffen im Juni dürfte das Thema aber einen breiten Raum in der Generaldebatte einnehmen.

Von seinem Wesen her ist Pöllinger eher ein Anti-Lutz. Der neue CEO übt sich in Zurückhaltung. Große mediale Auftritte sind seine Sache nicht, während Lutz gerne im Rampenlicht steht. Der aus Ebersberg bei München stammende Manager arbeitet seit 16 Jahren für die Baywa. Vor seinem Aufstieg in den Vorstand führte er die Sparte Baustoffe.

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