Von Gesche Wüpper, Paris

Sie war die erste Frau, die vor sechs Jahren an die Spitze des Verwaltungsrates eines CAC-40-Konzerns berufen wurde. Nun übernimmt Sophie Bellon auch die operative Geschäftsführung des Catering-Konzerns, der allerdings inzwischen wieder aus dem französischen Leitindex abgestiegen ist. Die 60-Jährige hat die Geschäfte des von ihrem Vater 1966 gegründeten Unternehmens bereits übergangsweise geleitet, seit Generaldirektor Denis Machuel Sodexo Ende September verlassen hat. Der Verwaltungsrat hatte damals beschlossen, der Konzern benötige einen neuen Chef, um den Wandel der Gruppe voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Er hatte deshalb eigentlich einen Headhunter beauftragt, einen Kandidaten mit internationaler Er­fahrung zu finden.

Bellon sei am besten geeignet, die Gruppe während dieser neuen Etappe zu lenken, teilte das Kontrollgremium jetzt mit. Ein Kandidat von außen hätte den notwendigen Transformationsprozess verlangsamt. Dabei müsse dieser schnell vorangetrieben werden. Investoren sind aus Sicht der Analysten von Alphavalue jedoch nicht begeistert von der Entscheidung, da dadurch die Geschäftsführung weiter unter dem Einfluss der Familie Bellon stehen wird. Sie hält knapp 43% des Kapitals.

Bellon ist die vierte Chefin des Caterers nach ihrem Vater Pierre, der das Ruder 2005 an Michel Landel übergeben hatte. Der Firmengründer, der früher auch eine wichtige Rolle im Vorstand des Arbeitgeberverbandes Medef gespielt hat, ist Ende Januar im Alter von 92 Jahren gestorben. Ihr Vater sei seinen vier Kindern gegenüber sehr anspruchsvoll gewesen, sagte Bellon einmal. „Er hatte immer Angst, dass gesagt werden könnte, er würde uns bevorzugen.“ Ihr Vater habe ihr und ihren drei jüngeren Geschwistern Nathalie, François-Xavier und Astrid deshalb immer wieder gepredigt, sie sollten bloß nicht ihren Stammbaum mit dem Organigramm von Sodexo verwechseln.

Bellon wurde nichts geschenkt, als sie nach einem zehnjährigen Aufenthalt in den USA 1994 in der Finanzabteilung von Sodexo begann. Als der Konzern ein Jahr später Gardner Merchant aus Großbritannien übernahm, wurde sie als Einzige ihrer Abteilung nicht zur Feier des Deals eingeladen. Um keines der Kinder zu bevorteilen, ließ Pierre Bellon einen Rat der Weisen entscheiden, welches seine Nachfolge antreten solle. Sophie Bellon hatte nach dem Studium an der Wirtschaftshochschule Edhec in den USA zunächst für die Bank Crédit Lyonnais in der Abteilung Fusionen und Akquisitionen gearbeitet, später als Vertreterin von internationalen Modemarken.