Sportwagenhersteller auf Rekordkurs

Benedetto Vigna führt Ferrari von Rekord zu Rekord

Es war ein Wagnis, als Chairman John Elkann im Jahr 2021 Benedetto Vigna zum Ferrari-CEO machte. Doch der Elektronikfachmann hat geliefert. Der italienische Sportwagenhersteller fährt von Rekord zu Rekord.

Benedetto Vigna führt Ferrari von Rekord zu Rekord

Auf Rekordkurs

Mit Vigna ist Ferrari spitze

Der branchenfremde CEO hat den Sportwagenhersteller zu neuen Höhenflügen geführt

bl Mailand
Von Gerhard Bläske, Mailand

Als Ferrari-Chairman John Elkann per 1. September 2021 Benedetto Vigna zum CEO des Sportwagenbauers ernannte, war das eine Überraschung – und ein Wagnis. Denn Vigna, heute 55, hatte bis dahin keinerlei Erfahrung in der Autoindustrie. Der gelernte Physiker, der an der renommierten Universität Pisa studiert hat, ist ein Fachmann für Elektronik. Fast sein ganzes Berufsleben hatte er beim Chip-Produzenten ST-Microelektronics verbracht. Vigna hält mehr als 200 Patente, vor allem in den Bereichen Konnektivität und Imaging.

Heute ist klar: Mission accomplished. Der im süditalienischen Potenza geborene Lehrersohn, verheiratet und Vater einer Tochter, hat geliefert. Ferrari steht besser da denn je. Zum Zeitpunkt seiner Ernennung im Juni 2021 war Ferrari 30 Mrd. Euro an der Börse wert. Heute sind es 83 Mrd. Euro. Ferrari zeigt fast allen anderen Herstellern die Rücklichter. Seit dem Börsengang am 21. Oktober 2015 in New York zu 48 Dollar und am 3. Januar 2016 in Mailand zu 43 Euro hat sich der Kurs fast verzehnfacht. Ferrari ist einer der wenigen Autohersteller weltweit, dem es wirklich gut geht.

Ferrari auf finanzieller Erfolgswelle

Nach Rekordergebnissen im ersten Halbjahr 2024 hob Ferrari Anfang August die Jahresprognose an. Statt mehr als 6,4 Mrd. Euro wird jetzt ein Umsatz von mehr als 6,55 Mrd. Euro anvisiert. Die Betriebsmarge (Ebit) soll bei über 27,5% nach bisher über 27% liegen. Im zweiten Quartal lag sie bei 29,9%, damit ist Ferrari weltweit Spitze.

Vigna war geholt worden, um die „Führungsrolle von Ferrari als Hersteller der schönsten und technologisch anspruchsvollsten Autos der Welt zu stärken“. Er sollte „neue Wege für die Anwendung der Technologien der neuesten Generation beschleunigt öffnen“. Kurz nach seinem Amtsantritt holte er viele Elektronik- und IT-Fachleute ins Unternehmen. Inzwischen hat rund die Hälfte der verkauften Autos einen Hybridantrieb.

Nächstes Jahr kommt der erste rein elektrische Ferrari. Und 2030 will das zu 24,7% von der börsennotierten Holding Exor der früheren Fiat-Eignerfamilie Elkann-Agnelli kontrollierte Unternehmen 40% des Absatzes mit Elektro- und weitere 40% mit Hybridautos erzielen. Vor drei Monaten wurde eine neue Produktionshalle zur Herstellung von Hybrid- und Elektromodellen eröffnet. Die Batterien fertigt Ferrari selbst – zusammen mit einem Partner.

Später dran mit Elektrifizierung

Dass Ferrari bei der Elektrifizierung später dran ist als etwa Porsche, ficht Vigna nicht an: Es sei nicht wichtig, der Erste zu sein, sondern „mit einer einzigartigen Technologie aufzuwarten“. Die Auftragsbücher sind voll und decken die Produktion bis weit ins Jahr 2026 hinein ab. Ferrari beschränkt bewusst die Stückzahlen und verkauft lieber ein Auto weniger, als es der Markt verlangt – um die Exklusivität zu wahren.

Der im Vergleich zu Konkurrenten wie Porsche oder Lamborghini viel später gekommene SUV Purosangue soll nie mehr als 20% zu den Erlösen beitragen. Im zweiten Quartal waren es 18%.

Die Aussichten sind vielversprechend. Die Kundentreue ist extrem hoch: Drei Viertel der Käufer haben gleich mehrere Ferrari in ihrer Garage stehen. Für die Kunden spielen konjunkturelle Schwankungen keine Rolle. Sie haben laut Bloomberg Intelligence ein Jahreseinkommen von mindestens 1 Mill. Dollar. Etwa die Hälfte der Ferrari-Käufer ist jünger als 40 Jahre.

Selbst in der Formel 1 läuft es wieder. Nach jahrelanger Durststrecke fährt Ferrari wieder vorne mit. Elkanns Mut hat sich bezahlt gemacht.