Bernd Förtsch will personellen Neuanfang bei FlatexDegiro
Es kommt am deutschen Kapitalmarkt nicht alle Tage vor, dass der Großaktionär einer börsennotierten Gesellschaft Knall auf Fall über die Öffentlichkeit geht, um Vorstand und Aufsichtsrat in den Senkel zu stellen. So ist es aber bei FlatgexDegiro geschehen, als Ankeraktionär Bernd Förtsch, der über die „Gesellschaft für Börsenkommunikation“ sowie Heliad und sein eigenes Depot rund 19% hält, einfach mal einen Stein ins Wasser geschmissen hat: Er diagnostizierte operative und strategische Mängel, wünscht sich mehr Dynamik - und drohte CEO Frank Niehage sowie Aufsichtsratschef Martin Korbmacher schon mal an, dass es auf der Hauptversammlung von seiner Seite keine Entlastung geben wird.
Förtsch ist seiner Gründung sehr verbunden
Diese Ansage bekräftigt Förtsch gegenüber der Börsen-Zeitung. Er will auf der Hauptversammlung im Juni die Ablösung von Niehage und Korbmacher betreiben, denn er habe über Jahre Anregungen zur strategischen Entwicklung gegeben, sei aber nicht gehört worden. „Bei FlatexDegiro muss frisches Blut rein. Wir haben auf der Produktseite einiges nachzuholen, wenn ich sehe, wie die Neobroker von Sachen wie dem Kryptohandel oder Kreditkarten profitieren.“ Eine Kreditkarte für Flatex, die Förtsch 2006 gründete, habe er schon vor zehn Jahren konzipiert.
Bernd FörtschGegenüber der Peergroup mit Werten wie Swissquote hat FlatexDegiro einen Bewertungsabschlag von mindestens 30 bis 40%. Das kann dauerhaft nicht sein.
Er sei seit dem Interview von einigen institutionellen Anlegern, die auch in FlatexDegiro investiert sind, angesprochen worden, und es habe sich im Dialog gezeigt, dass viele Anteilseigner seine Sicht der Dinge teilen. „Gegenüber der Peergroup mit Werten wie Swissquote hat FlatexDegiro einen Bewertungsabschlag von mindestens 30 bis 40%. Das kann dauerhaft nicht sein.“
Einen Denkzettel gab es schon
Die Mehrheitsverhältnisse auf der für Anfang Juni geplanten Hauptversammlung dürften sich also in Richtung Förtsch neigen. Schon im Vorjahr hatten die Aktionäre (ohne seine Stimmen) Niehage einen Denkzettel verpasst, als ihm 33% die Entlastung verweigerten. Förtsch will mehr Dynamik – und das so schnell wie möglich. Die Flatex-Aktie hat in den vergangen fünf Tagen, also seit Förtsch Änderungen anmahnte, jedenfalls rund 12% zugelegt.
Für Förtsch ist der Frankfurter Broker ein Kerninvestment – und liegt ihm nachhaltig am Herzen. Er hadert schon länger – wenn auch bislang ein wenig dezenter – mit der Wahrnehmung des Frankfurter Brokers: Ein bisschen Nachholbedarf in Sachen Bekanntheitsgrad „insbesondere bei der Positionierung der Marke in der Anlegerschaft“ bestehe, sagte er im vergangenen Jahr. Im Aufsichtsrat hat er mit Stefan Müller (stellvertretender AR-Vorsitzender) und Herbert Seuling zwei Vertraute. Britta Lehfeld (ex Deutsche Bank) und Aygül Özkan (ZIA) sind die unabhängigen Mitglieder in dem Gremium.