Standortdebatte

Bosch-CEO Stefan Hartung als Testimonial wider Willen

In seiner Wutrede hat Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer den Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung als Beispiel für einen schwer gebeutelten Manager angeführt. Hartung selbst bezeichnet sich dagegen als Optimist. Dem Standort Deutschland kann er, bei allen Herausforderungen, einiges abgewinnen.

Bosch-CEO Stefan Hartung als Testimonial wider Willen

Bosch-CEO Stefan Hartung als Testimonial wider Willen

Von Sabine Reifenberger, Frankfurt

Mitunter sind es nicht die eigenen Aussagen, die einen Manager ins Rampenlicht befördern. Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung erfuhr jüngst ungeahnte Aufmerksamkeit, weil der scheidende Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer ihn in einer Rede als Fallbeispiel heranzog – in deutlichen Worten. Weimer echauffierte sich auf der bereits Mitte April gehaltenen Rede, die erst vor wenigen Tagen breitere Öffentlichkeit fand, unter anderem darüber, dass die Automobilindustrie durch CO2-Vorgaben „in die falsche Ecke“ gezwungen worden sei, und komplettierte dies mit dem Fazit: „Und jetzt heult der Bosch! Jetzt heult mein Freund Stefan Hartung, Chef von Bosch.“

Der Bosch-CEO macht bei seinem Besuch im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten am Dienstagabend allerdings einen gutgelaunten Eindruck. Auf die Weimer-Rede angesprochen, gibt er sich schmallippig. Zu deren Inhalten müsse man den Deutsche-Börse-Chef befragen. Er selbst habe mit Weimer schon länger nicht mehr gesprochen, sagt Hartung und stellt klar: „Ich wüsste nicht, wo der mich weinen gesehen hätte.“

Karrierestart mit Geschirrspülern

Hartung geht davon aus, dass es noch in mehreren Jahrzehnten Verbrennermotoren geben wird – ein Thema, das Weimer ebenfalls aufgreift. Anders als der Deutsche-Börse-Chef, der das Wort „Ramschladen“ benutzt, kann der Bosch-CEO dem Standort Deutschland einiges abgewinnen. „Ich stehe zum Standort“, betont er. Zwar gebe es Herausforderungen, etwa im Bereich Infrastruktur. Positiv hebt er dagegen die Ausbildungslandschaft hervor. Es gebe kritische Themen – „aber der Standort ist es Wert, diese Themen auch zu lösen“, findet Hartung.

Der 58-Jährige meint, ihm werde Optimismus nachgesagt, und das sei typisch „für Consumer-Leute“. Im Konsumentengeschäft hat der zweifache Vater 2004 bei der „Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH“ (BSH) seine ersten Schritte im Bosch-Umfeld gemacht. Nach vorherigen Stationen bei der Fraunhofer-Gesellschaft und der Unternehmensberatung McKinsey wurde Hartung bei BSH zunächst Leiter des Produktmarketings für Geschirrspüler. Später übernahm er Führungspositionen im Geschäftsbereich Power Tools – noch heute kann er glaubhaft darüber sprechen, dass auch der Erwerb einer Bohrmaschine durchaus ein emotionales Erlebnis sein kann. 2013 wurde Hartung Geschäftsführer und 2022 Vorsitzender der Geschäftsführung. Heute verantwortet er bei dem Stiftungskonzern mehr als 90 Mrd. Euro Umsatz. Weltweit arbeiten für Bosch fast 430.000 Menschen, davon 90.000 in Forschung und Entwicklung.

USA im Bosch-Portfolio unterrepräsentiert

Auf dem Karrierenetzwerk Linkedin schreibt Hartung, solange er zurückdenken könne, habe er Ingenieur werden wollen. Der gebürtige Dortmunder und BVB-Fan studierte schließlich Maschinenbau mit Fachrichtung Fertigungstechnik an der RWTH Aachen, wo er 1993 auch promovierte. Bosch hat er eine Zielrendite von mindestens 7% verordnet. Es laufen Umstrukturierungen, im Management-Duktus als „Wachstums- und Leistungssteigerungsprogramm” verpackt. Damit geht der Abbau von Stellen im vierstelligen Bereich einher. Das sei „kein Applaus-fähiges Programm“, räumt Hartung ein. Eine Transformation sei harte Arbeit. „Wandel ist leicht erwähnt, aber schwer gemacht.“

Der Stiftungskonzern als Ganzes habe keine Ambitionen, ein börsengelistetes Unternehmen zu werden, stellt Hartung klar. Allerdings sei Kapitalmarktwissen dennoch unerlässlich. Über ein milliardenschweres Anleihe-Programm ist Bosch am Markt präsent. Auch Teilbörsengänge sehen die Schwaben als Option. Finanzielle Mittel aus solchen Transaktionen könnten in Zukäufe fließen, beispielsweise in den USA. Diese Region ist im Bosch-Portfolio nach Auffassung des CEO derzeit noch unterrepräsentiert.