Internetmedienkonzern

Bytedance lässt den CFO umsatteln

Ein Börsengang des weltweit wertvollsten Start-ups überhaupt rückt in die Ferne.

Bytedance lässt den CFO umsatteln

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Wann wird sich der weltweit vor allem als Betreiber des rasend populären Videodienstes Tiktok bekannte chinesische Technologie- und Internetmedienkonzern Bytedance endlich zum Tanz an die Börse bitten lassen? Das ist eine Frage, die Tech-Investoren schon lange bewegt. Schließlich wird Bytedance als potenziell wertvollstes Start-up-Unternehmen auf dem Globus angesehen und auf einen impliziten Marktwert von bis zu 400 Mrd. Dollar veranschlagt. Das wiederum riecht nach einem der größten Initial Public Offerings (IPOs) überhaupt.

Im Frühjahr hatte Bytedance den Chief Financial Officer (CFO) des chinesischen Smartphone-Bauers Xiaomi Shou Zi Chew (39) abwerben können und damit aufgeregte Spekulationen genährt, dass die Neubesetzung einen gewaltigen Schritt in Richtung zügiges IPO bedeuten könnte. Schließlich hatte der aus Singapur stammende Chew nach einer steilen Karriere beim US-Social-Media-Riesen Facebook den heute weltweit zweitgrößten Smartphone-Bauer Xiaomi als Finanzdirektor auf Vordermann gebracht und erfolgreich an die Hongkonger Börse geführt. Chew wurde bei Bytedance nicht nur als CFO eingesetzt, ihm wurde auch die operative Verantwortung für den Videodienst Tiktok und dessen internationales Geschäft übertragen.

Wie Bytedance nun am Dienstag mitteilen ließ, ist Chew nach nur sechsmonatiger Wirkungszeit von der Position des CFO wieder entbunden worden, wird das Unternehmen aber nicht verlassen. Vielmehr soll er sich noch mehr auf die Weiterentwicklung des Tiktok-Dienstes und dessen Monetisierungschancen konzentrieren. Dazu gehören nicht zuletzt E-Commerce-Funktionen, die bei dem Douyin genannten Pendant des Tiktok-Dienstes für den chinesischen Markt bereits bestens funktionieren.

Für Bytedance-Watcher ist die Nachricht vom Aufgaben-Revirement für Chew zwar insofern positiv zu bewerten, als seine unbestrittenen Fähigkeiten dem internationalen Auftritt von Bytedance weiterhin zugutekommen werden. Auf der anderen Seite aber macht sich auch Ernüchterung breit, weil man vermuten darf, dass Bytedance derzeit gar keinen CFO mehr braucht, der mit Vehemenz und Eile auf einen internationalen Börsengang hinarbeitet. Tatsächlich hat Bytedance auch noch keinen Nachfolger für den nun vakanten CFO-Posten benannt.

Mit der neuen Weichenstellung wird zunehmend klar, dass Byte­dance im von einer aufsehenerregenden staatlichen Regulierungskampagne aufgewühlten Internetsektor auf absehbare Zeit keine realistischen Chancen auf einen Börsengang hat. Schließlich hat die Pekinger Regierung die heimischen Tech-Unternehmen vor zahlreiche neue Hürden gestellt, die ihre IPO-Pläne denkbar erschweren.

Insbesondere die bislang bevorzugt angesteuerten New Yorker Börsen gelten mittlerweile als „no go“, weil der chinesische Staat drakonische Datenschutzregeln im Dienste der nationalen Sicherheit aufgestellt hat. Damit kommen de facto nur noch die Börsen in Hongkong oder Schanghai in Frage. Dort aber ist das Sentiment der Marktteilnehmer nach einer monatelangen Talfahrt von chinesischen Tech-Sektor-Aktien, die erst im Oktober wieder durchbrochen werden konnte, noch reichlich fragil und lässt keine schnelle Belebung des IPO-Geschäfts erwarten.