Premierminister

China wechselt von Li Keqiang zu Li Qiang

Chinas Staatspräsident und Parteichef Xi Jinping hat sich auf dem Parteikongress aller denkbaren politischen Rivalen entledigt. Die Spitzenämter besetzen nun ausschließlich langjährige Verbündete.

China wechselt von Li Keqiang zu Li Qiang

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Alle fünf Jahre endet Chinas großer Parteikongress mit einer feierlichen Zeremonie, bei der die neue Spitzenmannschaft der Staats-und Parteiführung in hierarchischer Reihenfolge der Öffentlichkeit präsentiert wird. Hinter Staatspräsident und Parteichef Xi Jinping, der sich nach einer Verfassungsänderung eine quasi lebenslange Regentschaft gesichert hat, ist am Sonntag an zweiter Stelle der gegenwärtige Parteichef der Provinz Schanghai, Li Qiang (63), auf die Bühne getreten.

In China weiß jeder, was das zu bedeuten hat. Der seit langem zu den engsten Vertrauten von Xi zählende und ihm treu ergebene Li ist für seine harte Haltung bei der Durchsetzung des zweimonatigen Lockdowns in Schanghai, mit dem Chinas diesjährige Konjunkturmisere erst richtig ihren Lauf genommen hat, entsprechend „belohnt“ worden. Für Wirtschaftsbeobachter ist dies alles andere als eine gute Nachricht. Man kann sich nun praktisch zu 100% sicher sein, dass Li bei der Regierungsneubesetzung zum Volkskongress im März 2023 das Amt des Premierministers und damit auf dem Papier auch obersten Wirtschaftsverantwortlichen übernehmen wird.

Die bisherige Nummer 2 in Chinas Parteihierarchie und in den vergangenen zehn Jahren als Premierminister fungierende Li Keqiang gehört, obwohl er die Altersgrenze für eine weitere Amtszeit de facto noch nicht überschritten hat, dem siebenköpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros als oberstem Führungsgremium nicht mehr an. Er gehört noch nicht einmal mehr dem rund 200-köpfigen Zentralkomitee der Kommunistischen Partei an und ist damit völlig abserviert worden.

Ein ähnliches Schicksal trifft den gegenwärtig im Rang eines Vizepremierministers stehenden Hu Chunhua. Der als intellektuell brillant und wirtschaftspolitisch äußerst beschlagen geltende frühere Parteichef der wirtschaftsstärksten chinesischen Provinz Guangdong war aufgrund seiner unbestrittenen Kompetenzen noch bis vor wenigen Wochen als geeigneter Kandidat für den Premierposten in den kommenden fünf Jahren angesehen worden. Mit seiner Berufung hätte Xi zum Ausdruck bringen können, dass trotz aller ideologischer Überformung der chinesischen Wirtschaftspolitik in den vergangenen Jahren ein versierter Pragmatiker in die Verantwortung des Regierungschefs treten darf.

Nun aber ist Hu nicht einmal mehr im 24-köpfigen Politbüro vertreten und damit aus der Machtzentrale verbannt worden. Mit dem Abservieren von Li Keqiang und Hu Chunhua hat sich Xi nun endgültig aller Politiker entledigt, die dem als „Jugendliga“ bekannten Parteiflügel zugeordnet werden können und damit aus dem Einflussbereich des früheren chinesischen Präsidenten Hu Jintao, also Xis Amtsvorgänger stammten.

Die Vertreter der Jugendliga stehen gewissermaßen für eine Meritokratie, bei der auch aus bescheideneren Verhältnissen stammende Talente wie einst Li Keqiang und Hu Chunhua sich in Spitzenpositionen vorarbeiten. Xi hingegen gehört dem Parteiflügel an, der von den direkten Nachkommen der früheren kommunistischen Elite zu Zeiten des Gründers der Volksrepublik, Mao Tse-tung, geprägt worden ist und hat sich nun aller denkbaren politischen Rivalen entledigt. Für die kommenden fünf Jahre hat er nun ausschließlich langjährig enge Verbündete in die Spitzenämter gebracht und damit auch sichergestellt, dass Chinas künftiger Premierminister einen rein von Xi bestimmten wirtschaftspolitischen Kurs fahren wird.

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