OECD-Generalsekretär

Cormann rückt an die Spitze der OECD

15 Jahre lang hat Angel Gurría die OECD geprägt. Nun hat ihn der frühere australische Finanzminister Mathias Cormann als Generalsekretär abgelöst. Eine seiner Prioritäten ist eine globale Steuerreform.

Cormann rückt an die Spitze der OECD

Von Gesche Wüpper, Paris

Er war der am längsten amtierende Finanzminister Australiens. Doch er sieht sich selber vor allem als Brückenbauer. Immerhin ist er selber von einem Sprachraum in den anderen, von der alten in die neue Welt gewechselt. Diese Fähigkeit, sich in verschiedenen Kulturkreisen zu­rechtzufinden und Brücken zu bauen, wird Mathias Cormann bei seiner neuen Aufgabe gut gebrauchen können. Der 50-Jährige hat am 1. Juni Angel Gurría als Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) abgelöst. „Unseren Mitgliedsländern helfen, eine Politik für ein besseres Leben zu entwickeln“, fasste Cormann seine neue Funktion während der Amtsübergabe zusammen, die im Rahmen des Ministerratstreffens der 38 Mitgliedstaaten der Organisation stattfand.

Cormann sei der erste OECD-Generalsekretär aus dem asiatisch-pazifischen Raum, titeln Medien. Doch das wird dem Hintergrund des Hobbypiloten, der 2013 bis 2020 Finanzminister Australiens für die liberal-konservative Liberal Party war, nicht ganz gerecht. Denn Mathias Hubert Paul Cormann, so sein voller Name, wurde im 13 Kilometer von Aachen entfernten Raeren im deutschsprachigen Osten Belgiens geboren. Nach dem Abitur im französischsprachigen Lüttich studierte er erst in Namur, dann im flämischen Leuven Jura. „Wir hatten noch nie einen OECD-Generalsekretär, der so aus der Nähe Luxemburgs kommt“, scherzte der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel während der Amtsübergabe in Paris.

Gurría hinterlasse große Fußspuren, lobte er. Denn der medienwirksame Mexikaner stand 15 Jahre lang an der Spitze der OECD. Es sei ihm gelungen, die im Château de la Muette im feinen 16. Arrondissement in Paris angesiedelte Organisation aus ihrer Schwerfälligkeit zu wecken, urteilen Beobachter. Dem 71-Jährigen Gurría sei es zu verdanken, dass die OECD inzwischen mehr Einfluss habe, vor allem bei den G20-Staaten, sagt die frühere französische Arbeitsministerin Mu­riel Pénicaud, die Frankreich als Botschafterin bei der Organisation vertritt.

Die globale Steuerreform mit Mindestsätzen für große Konzerne ist eine der Prioritäten, die Cormann nun während seiner fünfjährigen Amtszeit angehen will. Es müsse so schnell wie möglich eine Einigung darüber geben, forderte er kürzlich im Interview mit dem „Figaro“. Nach Angaben seines Vorgängers Gurría könnte sich jedoch eine abschließende Einigung noch bis Oktober hinziehen. Cormann äußerte sich nun nach Gesprächen mit Ministern der OECD-Länder „verhalten optimistisch“, dass es zu einem Abkommen kommen wird. Der Ansatz der Regierung von US-Präsident Joe Biden sei ein Wendepunkt für das Thema gewesen. Wenn jetzt alle weiter ihren guten Willen unter Beweis stellen würden, sei eine vernünftige Einigung möglich.

Neben Impfstoffen für die ganze Welt forderte Cormann nun auch, die Erholung von der Coronavirus-Krise zu nutzen, um künftig einen nach­haltigeren, umweltverträglicheren Wachstumskurs zu verfolgen. Cormanns Berufung bei der OECD war bei Umweltschützern auf Kritik gestoßen, da er als Finanzminister Australiens gegen eine CO2-Steuer und für das Ende einer speziellen Steuer auf Bergbaugesellschaften eingetreten war und für Bewerbungsgespräche für seinen neuen Posten einen Jet der australischen Luftwaffe nutzte.