Coinbase

Der Bitcoin-Missionar

Am Mittwoch haben hunderte von prominenten amerikanischen Managern und Unternehmen, darunter der Starinvestor Warren Buffett und bedeutende Technologiefirmen aus dem kalifornischen Silicon Valley, in einem zweiseitigen Aufruf in der „New York Times“...

Der Bitcoin-Missionar

Von Norbert Kuls, New York

Am Mittwoch haben hunderte von prominenten amerikanischen Managern und Unternehmen, darunter der Starinvestor Warren Buffett und bedeutende Technologiefirmen aus dem kalifornischen Silicon Valley, in einem zweiseitigen Aufruf in der „New York Times“ gegen diskriminierende Gesetze zur Beschränkung des Wahlrechts in US-Bundesstaaten protestiert. Brian Armstrong, der 38 Jahre alte Gründer von Coinbase, einer großen Handelsplattform für digitale Währungen wie Bitcoin, war nicht dabei. Es lag nicht daran, dass Armstrong keine Meinung zu dem Thema hat. Oder daran, dass die Aktien von Coinbase am Mittwoch zum ersten Mal an der elektronischen Börse Nasdaq gehandelt wurden – und Armstrong in den vergangenen Tagen womöglich zu stark mit der Vorbereitung beschäftigt war.

Nein, Armstrong will sein in San Francisco beheimatetes Unternehmen vielmehr aus politischen Debatten raushalten. Armstrong bot im vergangenen September Mitarbeitern Abfindungspakete, wenn sie Coinbase verlassen wollen, weil er politische Diskussionen am Arbeitsplatz unterbunden hatte. „Ich denke, dass diese Bemühungen gut gemeint sind, aber das Potenzial haben, eine Menge Wert in den meisten Unternehmen zu zerstören“, sagte er damals. Politische und soziale Themen könnten vom Geschäft ablenken und zu „interner Spaltung“ führen. Armstrong, der sich nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd im vergangenen Mai auf Twitter noch selbst gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgesprochen hatte, verwies auf Streitigkeiten bei anderen Tech-Firmen. Die Mission von Coinbase stellte er auch klar: „Laserscharfe“ Konzentration auf die Nutzung von digitalen Währungen und auf Gewinne. Armstrong gilt als besessen davon, Kryptowährungen wie Bitcoin der breiten Masse zugänglich zu machen.

Auf einmal Milliardär

Der Laser-Fokus hat sich ausgezahlt. Mit einem Anteil von 20% an der Handelsplattform zählt er nach dem Börsengang zu den 100 reichsten Menschen der Welt. Im Gegensatz zu anderen Silicon-Valley-Milliardären ist Armstrong außerhalb der Krypto-Szene aber weitgehend unbekannt. Er spricht selten mit der Presse und nimmt nur an wenigen Konferenzen teil.

Das Interesse an Technologie wurde Armstrong quasi in die Wiege gelegt. Er wuchs im Silicon Valley auf, seine Eltern waren Programmierer. An der privaten Rice University im texanischen Houston studierte er Volkswirtschaft und Informatik – und gründete noch als Student sein erstes Start-up, eine Plattform, um Studenten mit Tutoren zu verbinden. Nebenher arbeitete er als Produktmanager beim damals erst drei Jahre alten Wohnungsvermittler Airbnb.

Armstrong hörte 2010 von Bitcoin. „Es ging mir nicht mehr aus dem Kopf“, sagte er in einem Interview. Er erkannte das Potenzial unter anderem wegen der Probleme, die Airbnb bei der Überweisung von Geld an Vermieter in Lateinamerika hatte. So startete er Coinbase 2012 zusammen mit dem mittlerweile ausgestiegenen Fred Ehrsam, einem ehemaligen Devisenhändler von Goldman Sachs. Die Mission war schon damals grandios. Armstrong: „Ich wollte, dass die Welt ein globales, offenes Finanzsystem hat, das Innovation und Freiheit fördert.“