Europäische Marktaufsicht

Deutsche soll neue ESMA-Chefin werden

Nach einer Hängepartie von einem halben Jahr haben sich die EU-Mitgliedstaaten eine Chefin für die europäische Marktaufsichtsbehörde ESMA geeinigt: Die Deutsche Verena Ross setzte sich durch.

Deutsche soll neue ESMA-Chefin werden

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Die europäische Marktaufsichtsbehörde ESMA erhält eine neue Chefin aus Deutschland: Nach einer Hängepartie von einem halben Jahr nominierten die EU-Mitgliedstaaten die 53-jährige Verena Ross zur neuen Vorsitzenden der in Paris ansässigen Behörde. Sie setzte sich damit gegen ihren italienischen Konkurrenten, den Aufseher Carmine Di Noia, und Portugals Ex-Finanzministerin Maria Luís Albuquerque durch. Vor allem die italienische Regierung hatte sich für Di Noia starkgemacht, so dass es im Ministerrat lange ein Patt gegeben hatte.

Der langjährige ESMA-Chef Steven Maijoor war bereits zum 31. März ausgeschieden, und die EU-Mitgliedstaaten hatten es seither nicht geschafft, seine Nachfolge aus einer schon seit November 2020 vorliegenden Shortlist auszuwählen. Seit März hatte die Finnin Anneli Tuominen – im Hauptberuf eigentlich Generaldirektorin der Finanzaufsicht in ihrem Land – interimsmäßig die Leitung der ESMA übernommen. Ross, die bis Mai 2021 bereits Exekutivdirektorin der Aufsichtsbehörde war, war zwischenzeitlich auch als neue Chefin der deutschen Finanzaufsichtsbehörde BaFin im Gespräch gewesen.

Billigung vom EU-Parlament

Ross muss nun nach einer erneuten Anhörung vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments (Econ) vom Plenum des Europaparlaments bestätigt werden. Mehrere Econ-Mitglieder äußerten sich bereits positiv über die Personalwahl. Der CSU-Finanzexperte Markus Ferber bezeichnete es zugleich aber auch als „Skandal“, dass die Mitgliedstaaten die ESMA über Monate kopf- und führungslos gelassen hätten. Mit Verena Ross hätten sie jetzt aber die richtige Wahl getroffen, betonte Ferber. „Verena Ross kennt die ESMA wie ihre Westentasche, hat ein klares europäisches Profil und bringt langjährige Erfahrung in der Finanzaufsicht mit. Das Europäische Parlament wird die Nominierung von Frau Ross nun zügig bestätigen.“

Ähnlich äußerte sich auch Sven Giegold von den Grünen, der Ross ebenfalls als „hoch qualifizierte Kandidatin“ bezeichnete. Wegen eines „Kleinkriegs um nationale Befindlichkeiten“ habe der Ministerrat Ross über Monate hinweg hingehalten, kritisierte Giegold. Er könne sich nicht erinnern, dass in den vergangenen zwölf Jahren je eine europäische Spitzenbeamte so schlecht behandelt worden sei. Die Anhörung im Europaparlament müsse nun zügig stattfinden.

Die als durchsetzungsstark geltende Verena Ross ist eine in Hamburg und London ausgebildete Sinologin und Ökonomin, die 1994 als Analystin bei der Bank of England begonnen hatte, 1998 zur britischen Financial Service Authority (FSA) gewechselt war, bevor sie 2011 als Exekutivdirektorin zur ESMA stieß, wo sie das operative Geschäft verantwortete.

Die Interimschefin der ESMA, Tuominen, hatte bereits Anfang Juli in einem Brandbrief auf die Folgen der Hängepartie an der Spitze der Behörde aufmerksam gemacht und auf die aktuellen Herausforderungen und Risiken in den Märkten hingewiesen, für die die ESMA zuständig ist. Wenn die ESMA ihr Mandat effektiv erfüllen wolle, werde „strategische Steuerung“ benötigt.

      (Börsen-Zeitung,