Jordan tritt ab

Die Schweiz sucht einen Notenbankchef

Thomas Jordan hat mit seiner Rücktrittsankündigung auf Ende September viele überrascht. Dabei kommt sein Entscheid zu einem durchaus logischen Zeitpunkt. Bei der Nachfolge könnte die Notenbank mit einer Tradition brechen.

Die Schweiz sucht einen Notenbankchef

Die Schweiz sucht einen Notenbankchef

Von Daniel Zulauf, Zürich

Thomas Jordan, langjähriger Chef der Schweizerischen Nationalbank, gibt sein Amt Ende September ab. In der bisherigen Tradition des Noteninstituts würde der 47-jährige Vizepräsident Martin Schlegel in die Fußstapfen seines 13 Jahre älteren Vorgesetzten und Förderers treten.

Verschiedene Beobachter glauben aber, dass die Tradition diesmal durchbrochen werden und die Position von einer Persönlichkeit ausgefüllt werden könnte, die nicht in der Nationalbank groß geworden ist. Jordan selbst wollte sich auf einer Medienkonferenz am Freitag nicht konkret zu seiner Nachfolge äußern. In der Schweiz gebe es genügend fähige Leute, die für das Amt infrage kämen, sagte Jordan.

Der Bankrat, ein aus Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zusammengesetztes Gremium, das eine Aufsichtsfunktion über die Geschäftsführung der Notenbank, aber nicht über deren geldpolitisches Mandat ausübt, wird der nationalen Regierungsbehörde (Bundesrat) in den kommenden Monaten einen Wahlvorschlag unterbreiten.

Unerwarteter, aber logischer Rücktritt

Jordans Rücktrittsankündigung kam unvermittelt, aber in einem logischen Moment. Die Inflation in der Schweiz bewegt sich wieder innerhalb des Zielbandes von 0% bis 2%, und es ist zu erwarten, dass auch das Schweizer Noteninstitut im laufenden Jahr die Zinsen senken kann. Mit der im März erfolgten Übernahme der Credit Suisse durch die UBS erscheint außerdem die Finanzstabilität in der Schweiz mindestens auf längere Zeit hinaus gesichert. Jordans Nachfolger sollte sich somit in relativer Ruhe in die neue Funktion einarbeiten können. So dürfte er oder sie die Zeit haben, um sich das Profil zu schaffen, das in der nächsten Krisensituation nötig sein wird, um die politisch und gesellschaftlich exponierte Institution auf Kurs zu halten.

Der 61-jährige Thomas Jordan hat fast sein ganzes Berufsleben in der Nationalbank verbracht. 1997 trat er der Institution als Leiter Forschung bei und stieg die Leiter hoch, bis er 2007 ins dreiköpfige Direktorium aufrückte. 2010 avancierte er zu deren Vizepräsident hinter Philipp Hildebrand. Dieser wurde im Januar 2012 zum Rücktritt gezwungen, nachdem heikle Devisengeschäfte seiner damaligen Ehefrau publik geworden waren. Jordan rückte nach und gewann in der Euro-Schuldenkrise rasch an Profil. Der wohl wichtigste Entscheid während Jordans Präsidentschaft war die Abschaffung des Euro-Mindestkurses im Januar 2015. Die Nationalbank dämpfte die kräftige Aufwertung des Franken mithilfe umfangreicher Deviseninterventionen, welche die Bilanz der Notenbank auf bis zu 1.000 Mrd. sfr anschwellen ließen. 2014 musste die SNB erstmals in ihrer Geschichte auf eine Gewinnausschüttung verzichten. Seither hat sie das schon dreimal getan.

Der Rücktritt von Thomas Jordan als Chef der Schweizerischen Nationalbank kommt zwar überraschend, jedoch in einem logischen Moment.

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