Nachfolge von Hernández de Cos

Die Spitze der spanischen Notenbank ist verwaist

Die Suche nach einem neuen Gouverneur des Banco de España war bisher erfolglos. Die Zeit drängt, denn im September endet auch das Mandat von Vize Delgado.

Die Spitze der spanischen Notenbank ist verwaist

Die Spitze der spanischen Notenbank ist verwaist

Von Thilo Schäfer, Madrid

Seit zwei Monaten hat Spaniens Notenbank keinen Gouverneur mehr, nachdem das sechsjährige Mandat von Pablo Hernández de Cos am 10. Juni geendet hatte. In der gegenwärtigen Sommerpause dürfte die Suche nach einem Nachfolger kaum entscheidend vorangehen. Eigentlich wollte Spaniens Linksregierung bereits vor der letzten Ratssitzung der Europäischen Zentralbank am 18. Juli die Personalie geregelt haben. Doch die Verhandlungen mit der Opposition scheiterten. Die Vizegouverneurin des Banco de España, Margarita Delgado, die kommissarisch die Geschäfte führt, darf zwar an den Sitzungen in Frankfurt teilnehmen, hat aber kein Stimmrecht.

Nun gibt es eine neue Frist, und die ist verbindlich. Denn am 11. September endet auch das Mandat von Delgado. Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo war nach dem gescheiterten ersten Anlauf zur Neubesetzung des Gouverneurspostens um Entwarnung bemüht. „Wir haben keine Eile, denn es bleiben uns noch zwei Monaten“, erklärte er auf einem Treffen mit Auslandskorrespondenten Mitte Juli. Die Vorstände von Spaniens großen Banken äußerten auf den Pressekonferenzen zu den Halbjahreszahlen in den letzten Tagen aber den Wunsch, dass die Personalfrage schnell gelöst wird. Schließlich liegt mit dem feindlichen Übernahmeangebot von BBVA für Banco Sabadell ein Thema auf dem Tisch, bei dem die Meinung des Banco de España wichtig ist.

Zwist um Kandidat Escrivá

Die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez von den Sozialisten der PSOE hatte Anfang Juli den Namen von José Luis Escrivá lanciert, den Minister für die digitale Transformation und den öffentlichen Dienst. Kaum jemand spricht dem Volkswirt die nötige Qualifikation für den Job ab. Er arbeite in seinen Anfangsjahren schon für die spanische Notenbank, wechselte zur EZB nach Frankfurt als Leiter der Abteilung für Währungspolitik und dann zur Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Schließlich arbeitete Escrivá für BBVA, bevor ihn die damalige konservative Regierung 2014 zum Leiter der neu geschaffenen unabhängigen Aufsichtsbehörde für die Staatsfinanzen AIReF machte.

Parteien wollen großes Paket

Bei der konservativen Volkspartei PP stieß der Vorschlag für den 63-Jährigen als Gouverneur auf massiven Widerstand. PP und PSOE erreichten Ende Juni eine Einigung für die Neubesetzung des obersten Verwaltungsorgans der Justiz, nach fünfjähriger Blockade. Dabei verständigte man sich darauf, eine Karenzzeit einzuführen für Personen, die von der Politik zu unabhängigen Staatsinstitutionen wechseln. Escrivá passt daher nicht zu dieser Philosophie.

Erschwerend für die Personalsuche kommt hinzu, dass die beiden großen Parteien ein Paket schnüren wollen, um neben der Notenbank gleich auch die Chefetagen der Wettbewerbsaufsicht CNMC und der Börsenaufsicht CNMV neu zu besetzen. „Es gibt eine Dynamik der institutionellen Zusammenarbeit, um alle Institutionen zu erneuern“, bestätigte Cuerpo. Der Wirtschaftsminister unterstrich jedoch, dass die Regierung „keine Verpflichtung“ für eine Einigung mit der führenden Oppositionspartei habe. Denn die Ernennung des Gouverneurs unterliegt rechtlich gesehen allein dem Ministerpräsidenten. Allerdings ist es in Spanien Tradition, dass sich die beiden großen Parteien verständigen und die Opposition den Stellvertreter benennt.

In spanischen Regierungskreisen verweist man auf Beispiele von Notenbankchefs, die aus der Politik kamen. Luis de Guindos wechselte als Wirtschaftsminister der konservativen Vorgängerregierung direkt auf den Posten des Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank. In Portugal wurde Finanzminister Mário Centeno Notenbankchef und schließlich nennt man den Fall von Jens Weidmann, der aus dem Kanzleramt von Angela Merkel zur Bundesbank ging.

Namen kursieren in Madrid

Als Alternativen zu Escrivá fallen in Madrid die Namen von José Manuel Campa, Präsident der europäischen Bankenaufsicht EBA, oder des Vorsitzenden des Financial Stability Institutes, Fernando Restoy, der schon einmal Vizechef des Banco de España war. Kenner vermuten, dass Sánchez gerne zum ersten Mal eine Frau an die Spitze des Banco de España setzen würde. Als Anwärterin gilt Paula Conthe, die als Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium von Cuerpo für die Staatsanleihen zuständig ist. Doch das ist ebenfalls ein politisches Profil.

Der Ex-Gouverneur Hernández de Cos hat inzwischen eine Beschäftigung als Lehrstuhl an der spanischen Business School IESE aufgenommen. Der Geldpolitik bleibt er verbunden, da er noch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken leitet.

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