Ein Chinese wird Chef von KraussMaffei
Von Joachim Herr, München
Der staatliche chinesische Chemiekonzern Sinochem setzt einen Landsmann als Chef des Kunststoffmaschinenherstellers KraussMaffei in München ein. Li Yong, der seit fast zwei Jahrzehnten für Sinochem tätig sei, werde am 1. Januar Nachfolger von Michael Ruf (58) als Chief Executive Officer (CEO) der KraussMaffei-Gruppe, kündigte das Unternehmen an. Der Aufsichtsrat habe Rufs Wunsch, seinen Ende März 2023 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern, „zustimmend zur Kenntnis genommen“.
Zur Annahme des Gegenteils, Sinochem habe den Wechsel erzwungen, äußerte sich ein Sprecher von KraussMaffei nicht. Dass sich der Aufsichtsratsvorsitzende Bai Xinping von Li verspricht, „KraussMaffei zu alter Stärke zurückzuführen“, unterstützt jedoch diese Vermutung. Der 43 Jahre alte Li sei „mit seiner internationalen Erfahrung und seiner profunden Kenntnis genau der Richtige“ – auch um den Wandel des Unternehmens fortzusetzen.
KraussMaffei schreibt Verluste. Das Unternehmen hat vier neue Werke gebaut, drei in Deutschland und eines in China. Im kommenden Jahr folgt der Umzug vom fast 90 Jahre alten Stammwerk im Münchner Stadtteil Allach nach Parsdorf östlich der Stadt. Die Unternehmensleitung verspricht sich von den vier neuen Fabriken eine höhere Effizienz und geringere Kosten und will auch zu Wachstum zurückkehren.
KraussMaffei, 1838 in München gegründet, beschäftigt noch rund 4700 Mitarbeiter und zählt sich zu den führenden Herstellern von Maschinen und Anlagen für die Produktion und Verarbeitung von Kunststoff und Kautschuk. Seit April 2016 ist die Mehrheit des Unternehmens im Besitz von Chemchina, seit Ende 2018 ist die KraussMaffei Company Ltd. (KMCL) an der Börse in Schanghai notiert. 2021 schloss sich Chemchina mit Sinochem zum nach eigenen Angaben größten Chemiekonzern der Welt zusammen. Für die erste Jahreshälfte 2022 weist KMCL einen Umsatz von umgerechnet rund 620 (i.V. 607) Mill. Euro aus und einen operativen Verlust von 65 (34) Mill. Euro. Die Holding KMCL umfasst die KraussMaffei-Gruppe und zwei kleinere chinesische Unternehmen.☺
Fünf Jahre in Brasilien
Li Yong, der künftige CEO der KraussMaffei-Gruppe, verbrachte nach Angaben des Unternehmens ein Drittel seiner Karriere im Ausland. „Er verfügt über intensive Erfahrungen in der interkulturellen Zusammenarbeit.“ Li sei knapp fünf Jahre lang in Brasilien gewesen sowie in Großbritannien und Tunesien. In die Geschäfte von KraussMaffei sei er seit Juni dieses Jahres eingebunden.
Der frühere Continental-Manager Ruf, der seinen Vertrag bis Ende März für einen reibungslosen Übergang erfüllen werde, ist seit April 2020 CEO. Der promovierte Elektrotechnik-Ingenieur war ein Jahr zuvor zum Unternehmen gekommen und zunächst in der Geschäftsführung für das Operative zuständig. Für Conti war er elf Jahre tätig gewesen.