Ein Coder für die Bankenmetropole
Ein Coder für die Bankmetropole
Von Sebastian Schmid, Frankfurt
Wer von Außen an die Bankenmetropole Frankfurt und die hiesige Nachwuchsschmiede Frankfurt School of Finance denkt, hat vielleicht ein bestimmtes, nicht ganz klischeefreies Bild im Kopf. Insofern kann es nicht schaden, wenn die Stadt am Main mit den Erwartungen auch mal bricht. Wer zum Beispiel Co-Pierre Georg in den Hallen der Frankfurt School of Finance & Management trifft, merkt schnell, dass hier niemand aus Südafrika eingeflogen ist, nur um sich anzupassen. Der in Jena promovierte Ökonom, der Anfang September als Direktor des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) die Nachfolge des zu früh verstorbenen Philipp Sandner angetreten ist, trägt im Arbeitsalltag gerne auch mal den ausgewaschenen schwarzen Hoodie.
„Spannendste Forschungsfelder“
Er ist ein Coder, der in Karlsruhe Physik studiert hat und der sicher nicht von Beginn an darauf aus war, in der Finanzwelt anzukommen. Was hat ihn dann dazu gebracht, in Kapstadt einen Masterstudiengang für Finanztechnologie einzurichten und dann den UCT Financial Innovation Hub zu gründen? „Ich hätte mir auch etwas anderes vorstellen können, aber die Finanzbranche hat einfach die spannendsten Forschungsfelder“, sagt er.
Was ihn in Frankfurt nach drei Monaten noch verwundert? Als Experte im Bereich Zahlungsabwicklung fällt ihm vor allem auch die hiesige Rückständigkeit in eben diesem Bereich auf. „Das fängt leider schon bei uns in der Cafeteria an.“ Im Zahlungsverkehr setzten andere Länder die Trends. Aber das müsse nicht so bleiben. Insofern verstehe er die Idee, einen digitalen Euro zu schaffen. „Warum sollten Einzelhändler in Frankfurt bei jeder Transaktion auch noch einen US-Technologiekonzern reicher machen? Allerdings halte ich das technologische Herangehen für überholt und den Start des Projekts für sehr spät.“
Co-Pierre Georg, der sich wissenschaftlich zuletzt auch viel mit den systemischen Risiken in der Finanzindustrie befasst hat, schreckt die digitale Schwäche, die im Prinzip die gesamte Finanzbranche in Frankfurt betrifft, allerdings nicht ab. „Ich habe mich bereits mit vielen Menschen am Finanzplatz getroffen und spüre eine enorme Offenheit in den Gesprächen. Mein Ziel ist es, bei Forschung und Entwicklung eine enge Partnerschaft mit Finanzmarktteilnehmern einzugehen. Ich bin sicher, dass wir hier sehr viele spannende Projekte angehen können.“
Co-Pierre, dessen ungewöhnlicher Name eine Kombination seines langjährigen Rufnamens „Co“ und seines Geburtsnamens „Pierre“ ist, lobt das FSBC und dessen Begründer Philipp Sandner. Die Ausrichtung dürfte sich aber dennoch leicht verändern. Das FSBC war unter Sandner zu einer Denkfabrik zur Erforschung der Auswirkungen der Blockchain-Technologie aufgebaut worden. Der neue Professor of Practice in Digital Finance and Technology will neben dem traditionell starken Praxisbezug nun „eine noch bessere Verzahnung mit der Spitzenforschung erreichen und bei der Neu- und Weiterentwicklung von Technologien auch international vorne mitspielen“. Das dürfte bedeuten, dass neben dem 42-Jährigen künftig noch weitere Coder in der Frankfurt School ein- und ausgehen werden. Frankfurt, das neben der EZB und mehreren anderen Regulierungsbehörden auch Europas größter Internetknotenpunkt ist, sei in einer hervorragenden Position, um auch als Fintech-Hub international ein noch größere Rolle zu spielen.
Erster Philipp Sandner Award
Mit Georg hat Frankfurt den passenden Botschafter gewonnen. Neben seiner langjährigen Tätigkeit in Südafrika weist seine Vita eine Forschungsstelle in Madrid, Verbindungen zur Oxford und Columbia University sowie eine Stelle als Associate Professor an der Edhec Business School in Paris aus. Seine internationale Vernetzung spiegelt sich auch im wissenschaftlichen Komitee, das die Bewerbungen für den 2025 erstmals zu vergebenden Philipp Sandner Award in Digital Finance Research bewertet: Neben Co-Pierre Georg gehören diesem Andrea Barbon (Hochschule St. Gallen), Jean-Edouard Colliard (HEC Paris), Martina Fraschini (Uni Luxemburg), Alfred Lehar (U Calgary), Jiasun Li (George Mason University), Cyril Monnet (Universität Bern), Maarten van Oordt (Vrije Universiteit Amsterdam) sowie Tarik Roukny (KU Leuven) an.
Der mit 10.000 Euro dotierte Preis soll herausragende Leistungen in der digitalen Finanzforschung fördern und die nächste Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ermutigen, dieses wichtige Gebiet zu erforschen und zu erweitern. Die Börsen-Zeitung und die WM Gruppe unterstützen den Award, der von der Frankfurt School jährlich verliehen wird, erstmals im Rahmen der Crypto Assets Conference 2025, die am 25. und 26. März 2025 in der Frankfurt School stattfinden wird.