Öffentlicher Verkehr während Olympia

Ein ehemaliger Premierminister als Metro-Einweiser

Frankreichs früherer Regierungschef weist Touristen während der Olympischen Spiele in der Metro den Weg. Der öffentliche Nahverkehr gilt als Achillesferse der Veranstaltung.

Ein ehemaliger Premierminister als Metro-Einweiser

Ein ehemaliger Premier als Metro-Einweiser

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Gesche Wüpper, Paris

Ein ehemaliger Premierminister, der Touristen den Weg in der U-Bahn zeigt? Wer das erleben will, muss Ende August nach Paris kommen. Denn dann dürfte Frankreichs früherer Regierungschef Jean Castex wieder in die Metro-Stationen hinabsteigen, um Besuchern der Paralympischen Spiele zu helfen. Castex, der seit Ende 2022 die Pariser Nahverkehrsbetriebe RATP leitet, hat sich während der Olympischen Spiele mehrfach incognito unter die 5.000 an ihren violetten Westen erkennbaren Metro-Einweiser gemischt. Sehr zur Begeisterung vieler Franzosen.

Der öffentliche Verkehr galt als eine der möglichen Schwachstellen der Olympischen Spiele in Paris. Valérie Pécresse, die konservative Präsidentin des Großraums Paris Île-de-France, hatte versprochen, dass die Olympischen und Paralympischen Spiele die Ersten sein sollten, die zu 100% mit öffentlichen Verkehrsmitteln zugänglich seien. Doch viele Beobachter hatten gezweifelt, da in den Monaten davor immer wieder Metros, Vorortbahnen und Busse wegen Bauarbeiten, Pannen und Streiks ausgefallen waren.

In der Metro blockiert

Mit einer Sonderprämie hat Ex-Premier Castex versucht, die 19.000 Mitarbeiter des Metro-Betreibers, die während der Spiele im Einsatz sind, milde zu stimmen und von Streiks abzuhalten. Im Schnitt erhalten sie 1.000 Euro, Metro- und RER-Zugführer bis zu 2.500 Euro. Der Flughafenbetreiber ADP hatte sich mit Gewerkschaften ebenfalls auf eine Prämie für Mitarbeiter geeinigt, die sich in Roissy und Orly um die offiziellen Delegationen und ihr Gepäck kümmern.

Bisher hat der öffentliche Verkehr im Großen und Ganzen recht reibungslos funktioniert, sicher auch, weil viele Pariser Einwohner im Urlaub sind. Nur am Eröffnungswochenende kam es zu einem Zwischenfall, als die Metro-Linie 13 eine Stunde lang nicht fahren konnte, weil ein Passagier einen Unfall hatte. Castex, der bis zu seiner Berufung zum Premierminister durch Präsident Emmanuel Macron Bürgermeister der in der Nähe von Perpignan gelegenen Gemeinde Prades war, befand sich selbst an Bord. „Ich wollte zum Stade de France fahren und habe in der Linie 13 alles direkt erlebt“, sagte er Journalisten. „Und das ist gut so.“ Der 59-Jährige gilt im Gegensatz zu anderen französischen Staatsdienern als jemand, der nie den Draht zu den Bürgern verloren hat, auch außerhalb von Paris.

Verzögerte Vorhaben

4 Millionen Passagiere transportieren die RATP und Bahnbetreiber SNCF seit Beginn der Spiele jeden Tag im öffentlichen Nahverkehr in Paris, mehr als in einem normalen Sommer, aber weniger als im Winter, wenn sie auf 9,5 Millionen Fahrgäste täglich kommen. Air France wiederum hat seit Beginn der Olympiade 10.000 Akkreditierte transportiert, Flughafenbetreiber ADP in Roissy pro Tag 240.000 Passagiere gezählt, in Orly bis zu 115.000.

Für die Olympischen Spiele hat der Großraum Paris 500 Mill. Euro in den öffentlichen Nahverkehr investiert. Metro-Linien wurden modernisiert und ausgebaut, Haltestellen renoviert. Aber nicht alle Versprechen wurden gehalten. Die in der Olympia-Bewerbung in Aussicht gestellte Direktverbindung von der Innenstadt zum Flughafen Roissy und drei neue Metro-Linien verzögerten sich. Dennoch wurden die Ticket-Preise für die Dauer der Spiele verdoppelt, um das erweiterte Angebot zu finanzieren. Ein Metro-Ticket kostet derzeit 4 Euro.

Ob das hilft, die RATP zurück in die schwarzen Zahlen zu fahren, muss sich noch zeigen. Genau wie ein neues Mandat für Castex. Wegen der vorgezogenen Neuwahlen wurde sein Mandat zunächst nur für die Olympischen Spiele verlängert. Die Kommissionen beider Parlamentskammern müssen eine Berufung absegnen.

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