Ein Ex-Premier als Tatortreiniger der Swedbank
Von Tobias Fischer, Frankfurt
Er wolle „das Haus putzen“, verlautbarte Göran Persson im Juni 2019, nachdem er zum Verwaltungsratschef der Swedbank gewählt worden war. In den Monaten zuvor waren der größten Bank Schwedens die Vorstandsvorsitzende und der Chefkontrolleur ebenso abhandengekommen wie ein Drittel des Aktienwerts. Sie gingen verlustig, nachdem das schwedische Fernsehen im Februar 2019 mögliche Verbindungen zum Geldwäscheskandal bei der Danske Bank skizziert hatte. Machten sich die Volumina an fragwürdigen Transaktionen mit anfangs rund 4 Mrd. Euro noch überschaubar aus, so schwollen sie mit zunehmenden Enthüllungen auf das 25-Fache an.
Jüngst ist der 72-jährige Persson, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Vertrauen in die angeschlagene Bank wiederherzustellen und die Unternehmenskultur zu verbessern, vom Nominierungsausschuss der Swedbank erneut als Chefkontrolleur vorgeschlagen worden. Bei der Hauptversammlung am 25. März stellt er sich seiner Wiederwahl.
Dass sich der frühere Ministerpräsident mal als Tatortreiniger im einst als Vorzeigebank geltenden Instituts betätigen wird, mutet selbst angesichts seiner an Erfahrung in der politischen wie wirtschaftlichen Sphäre reichen Vita eher ungewöhnlich an. Persson, der an der kleinen Universität von Örebro Sozial- und Politikwissenschaften studiert hatte, war ein gutes Vierteljahrhundert lang in der Politik aktiv: als Parlamentsabgeordneter, dann Lokalpolitiker, Bildungsminister, erneut Parlamentarier, Finanzminister, Chef der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und für zehn Jahre Ministerpräsident. Nach der Abwahl im Herbst 2006 kündigte er auch den Abschied von der Parteispitze an und widmete sich fortan Tätigkeiten in der freien Wirtschaft. Ein gutes Dutzend Firmenposten schmücken seinen weiteren Lebenslauf, so als Chairman des forstwirtschaftlichen Unternehmens Sveaskog oder als Aufsichtsratsmitglied der Bank of Åland. Wenig schmeichelhafte Äußerungen über Parteifreunde, Mitarbeiter und politische Gegner in einer Fernsehdokumentation kurz nach seiner Zeit als Spitzenpolitiker deuten darauf hin, dass er diese wenig vermisst.
Was ihn bei der Swedbank beschäftigt, ist freilich auch nicht vergnügungssteuerpflichtig. Zwar ist sie im operativen Geschäft stark, gilt als effizient und ist überdies gut kapitalisiert, doch sind die Arbeiten zur Beseitigung der Spuren, die schmutziges Geld hinterlassen hat, noch lange nicht beendet. Zu beheben sind etwa die „gravierenden Mängel“ der Geldwäscheprävention im baltischen Geschäft, welche die schwedische Finanzaufsicht vor fast einem Jahr nicht nur zu beheben angemahnt, sondern mit einer Strafe von 360 Mill. Euro belegt hat. Zudem laufen noch Untersuchungen von US-Justizministerium und FBI, wenngleich einige Beobachter mutmaßen, dass es mangels US-Banklizenz für die Swedbank hier nicht gar so dicke kommen dürfte. Aber niemand weiß, ob nicht noch weitere Enthüllungen ans Licht kommen, die weitere Ermittler auf den Plan rufen.
Die Reinigungsarbeiten übernimmt Persson im Verbund mit CEO Jens Henriksson. Der kam im Oktober 2019, kurz nach Perssons Amtsantritt, ans Ruder und ist ein alter Bekannter. Man schätzt sich aus gemeinsamen Jahren in der Politik: Der 1967 geborene Henriksson war lange Jahre im Finanzministerium tätig, zuletzt von 2002 bis 2006 als Staatssekretär. Persson höchstselbst hatte nach eigenem Bekunden Anfang der 90er-Jahre den damals 26-Jährigen angeheuert.