Hans Tietmeyer hatte in seiner Amtszeit als Bundesbankpräsident seine liebe Last mit ihm. Denn während sich alle anderen Mitglieder des Zentralbankrats der Bundesbank in den Neunzigern mit öffentlichen Aussagen zu Zins und Geldmenge vornehm zurückhielten und die Außendarstellung Tietmeyer und dessen Vize Johann Wilhelm Gaddum überließen, nutzte Ernst Welteke seine Rolle als hessischer Landeszentralbankchef offensiv. Oft trat der gelernte Landmaschinenmechaniker und studierte Volkswirt, der seine politische Karriere in der Kommunalpolitik begann und zum hessischen Wirtschafts- und später Finanzminister aufstieg, am Finanzplatz Frankfurt auf und kommentierte öffentlich Konjunktur und Märkte. Damit profilierte er sich neben Tietmeyer und Gaddum als wichtige Stimme der Bundesbank. Kein Wunder also, dass er deshalb im September 1999 von Tietmeyer das Staffelholz als Präsident der obersten deutschen Währungsbehörde übernahm. Denn Welteke hatte in seiner Zeit als Landeszentralbankchef sein Talent zur pointierten Stellungnahme und zur klaren Kante bewiesen – und in Zusammenhang mit der „Aktion Goldfinger“ des damaligen Bundesfinanzministers Theo Waigel auch seine Standfestigkeit gegenüber den Begehren der Bundesregierung.

In seinen Jahren an der Spitze der Bundesbank gelangen Welteke vor allem zwei Vorhaben: der interne, organisatorische Umbau der Bundesbank beim Eintritt in die Euro-Welt und die weitgehend störungsfreie Einführung des Euro-Bargelds in Deutschland. Verbunden wird der Name Welteke im Gedächtnis vieler aber vor allem mit der „Adlon-Affäre“. Am Abend der Euro-Bargeldeinführung ließ er sich mit Familienmitgliedern von der Dresdner Bank im Hotel Adlon in Berlin einladen. Erst einige Tage nach dem Bekanntwerden kündigte er an, die Kosten selbst übernehmen zu wollen. Kurz danach wurde der Druck so stark, dass er seine Ämter ruhen ließ und schließlich zurücktrat. Im Anschluss an seine Zeit bei der Bundesbank war der Nordhesse in den Führungs- und Kontrollgremien ausländischer Banken tätig. Ernst Welteke wird am Sonntag 80 Jahre alt.