Der Aufsichtsrat von Evotec hat einen neuen Vorstandschef gefunden. Der ehemalige Linde-Manager Christian Wojczewski leitet das Hamburger Wirkstoffunternehmen ab 1. Juli. Die Bestellung sei das Ergebnis eines umfassenden Auswahlprozesses, der im Januar 2024 begonnen habe, teilt Evotec mit. Mit dem Chemiker gewinne man einen erfahrenen CEO aus der Healthcare-Branche. Wojczewski verfüge über „außerordentliche Erfolge in der Transformation von Unternehmen“.

Der 52-jährige Manager löst Mario Polywka ab, der den Chefposten am 3. Januar nach dem Abtritt des langjährigen Vorstandschefs Werner Lanthaler als Interimslösung übernommen hatte. Polywka, der früher als Chief Operating Officer für Evotec arbeitete, war vom Aufsichtsrat in den Vorstand gewechselt. Nun geht er laut Firmenangaben Ende Juni in den Ruhestand und werde nicht in den Aufsichtsrat zurückkehren. Lanthaler hatte zu Jahresbeginn nach fast 15 Jahren an der Firmenspitze überraschend seinen Rückzug angetreten. Das Jahr 2023 sei extrem herausfordernd und sowohl körperlich als auch insgesamt erschöpfend gewesen, so die offizielle Erklärung. Doch dann wurde auch bekannt, dass Lanthaler Geschäfte mit Evotec-Aktien erst mit großer zeitlicher Verspätung gemeldet hatte.

Wojczewski hat sich beim Industriegasekonzern Linde und beim Medizingerätehersteller Mediq einen Namen gemacht. Seine Berufslaufbahn startete der promovierte Chemiker beim Beratungskonzern McKinsey. 2005 wechselte er zu Linde, übernahm 2007 die Leitung der Konzernstrategie und stieg dann zum Chef von Linde Healthcare auf. Unter seiner Verantwortung habe sich der Umsatz dieses Bereichs auf mehr als 3 Mrd. Euro verdreifacht. Ab 2017 leitete Wojczewski als CEO Mediq in den Niederlanden. Hier sei ihm ein „eindrucksvoller Turnaround“ mit einer deutlichen Erholung des operativen Gewinns hin zu profitablem Wachstum gelungen, heißt es in der Mitteilung. Zuletzt arbeitete Wojczewski als Berater für Investoren und Biotech-Unternehmen.

Evotec-Aufsichtsratschefin Iris Löw-Friedrich bescheinigt dem künftigen CEO eine „beeindruckende Erfolgsbilanz“ bei Aufbau und Leitung großer Life-Science-Organisationen und eine „tiefgreifende operative und transformative Expertise“. Bei den Hamburgern steht der Manager nun vor der Aufgabe, die Neuausrichtung voranzubringen und das Vertrauen am Kapitalmarkt wiederherzustellen. Seit Anfang 2024 hat die im MDax vertretene Aktie mehr als die Hälfte ihres Werts verloren. Allein am Mittwoch stürzte die Notierung im Handelsverlauf um 36% ab, weil der vorsichtige Ausblick enttäuschte.

Evotec will nun Organisation und Betriebsmodell vereinfachen, weniger Geld in die eigene Forschung stecken und sich stärker auf Schlüsselkompetenzen wie das Biologika-Geschäft konzentrieren. Auch sind „Anpassungen bei Größe und Standorten“ geplant. Die Restrukturierung soll jährlich mehr als 40 Mill. Euro zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen beitragen.